Issinbajewa: Teamsperre wäre „Super-GAU“ für Russland
Berlin (dpa) - Die nach den Dopingskandalen drohende Suspendierung des gesamten russischen Olympia-Teams wäre nach Ansicht von Weltklasse-Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa „ein tödlicher Schlag für unsere Nachwuchssportler“.
In einem Interview des Hamburger Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ übte die zweimalige Olympiasiegerin heftige Kritik an einer möglichen Kollektivstrafe. „Das wäre der Super-GAU für den russischen Sport“, sagte die 34-Jährige.
Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hatte die seit November 2015 wirksame Sperre für den russischen Verband WFLA am 17. Juni bestätigt. Damit droht den russischen Leichtathleten der Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. „Ich werde vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen und versuchen, mein Startrecht für Rio einzuklagen“, bekräftigte die überragende Stabhochspringerin der vergangenen zwölf Jahre. Russlands Sportminister Witali Mutko hatte angekündigt, dass in Kürze bis zu 67 russische Leichtathleten einen Olympia-Start beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) beantragen würden. „Sie haben das Recht dazu“, sagte er. Die Sportler seien sauber.
Die IAAF mit Präsident Sebastian Coe habe unter Druck gestanden und überhastet eine nicht nachvollziehbare Entscheidung getroffen, sagte Issinbajewa. „Wenn man nach einem Diebstahl zehn Tatverdächtige hat, aber nicht ermitteln kann, wer von denen gestohlen hat, dann schickt man doch auch nicht alle zehn für zwei Jahre ins Gefängnis“, meinte eine von Russlands bekanntesten Sportlerinnen. Alle ihre Dopingproben seien negativ gewesen.
Die Sperre hatte die dreimalige Weltmeisterin unmittelbar nach der Verkündung als „Menschenrechtsverletzung“ kritisiert. Dazu stehe sie weiterhin. „Aber das trifft es doch. Keiner darf mir verbieten, meinen Beruf auszuüben, das zu tun, was ich wirklich gut kann“, betonte Issinbajewa in dem „Spiegel“-Interview.
In Rio wäre sie wieder eine der Gold-Favoritinnen. Bei den russischen Meisterschaften in Tscheboksary trumpfte die 34-Jährige nach längerer Babypause gerade erst mit der Weltjahresbestleistung von 4,90 Metern auf. Obwohl das IOC bestimmten russischen Athleten ein individuelles Startrecht in Aussicht gestellt hat, findet sie den kollektiven Bann ungerecht. „Ich wurde in den Sog der Affären gezogen“, erklärte Issinbajewa. „Eigentlich wollte ich in Rio meine Karriere beenden, jetzt werde ich womöglich um dieses Highlight gebracht. Ein schrecklicher Gedanke.“