Kugelstoßerin Christina Schwanitz gewinnt WM-Gold
Peking (dpa) - Sie weinte, lachte und juchzte. Nach ihrem Sieg im Kugelstoßen bei der Leichtathletik-WM in Peking wusste Christina Schwanitz gar nicht wohin mit ihrem Glück.
„Sieben Zentimeter reichen auch“, sagte die 29-jährige Dresdnerin. Mit 20,37 Meter lag Schwanitz vor der Chinesin Lijiao Gong (20,30). Ihr WM-Titelgewinn galt schon vor dem ersten Stoß als ausgemachte Sache, so dominant war sie die ganze Saison - am Ende geriet der Endkampf um die Goldmedaille im „Vogelnest“-Stadion doch noch zur Zitterpartie.
„Ich hatte gesagt, dass ich einen spannenden Wettkampf zeigen will und das habe ich getan“, sagte Schwanitz mit einem verschmitzten Lächeln. Nach dem EM-Goldgewinn 2014 hat die Athletin vom LV 90 Erzgebirge nun ein Jahr später auch den WM-Titel geholt - dies gelang noch keiner Kugelstoßerin. „Ich habe sechs Versuche und habe schon öfter im letzten Versuch einen rausgehauen“, meinte Schwanitz. So war es 2013 in Moskau, wo sie Vizeweltmeisterin wurde. „Ich hatte mit Gold geliebäugelt und habe es mir gewünscht, jetzt habe ich es.“
Nach nur 19,80 Meter im ersten und 20,00 Meter im zweiten Versuch war aber auch bei der sächsischen Frohnatur erstmal Schluss mit lustig. Denn zweimal hatte ihre Widersacherin Gong sie mit 20,30 und 20,05 Meter übertrumpft - das war nicht geplant! Die deutsche Weltjahresbeste - sie hatte zuvor euphorisch von der „Saison ihres Lebens“ gesprochen - wirkte plötzlich verunsichert, lief angespannt und mit versteinerter Miene hin und her.
„Ich bin mit ihrer Beinarbeit nicht so zufrieden. Das ist so wie eingeschlafene Füße“, sagte Trainer Sven Lang zu den Anfangsproblemen im ZDF und war am Ende erleichtert: „Weltmeister ist Weltmeister!“
Erst im dritten Durchgang gelang der zweiten deutschen Kugelstoß-Weltmeisterin nach Astrid Kumbernuss endlich der entscheidende Stoß. „Die 20,37 Meter waren eine Erlösung“, bekannte Schwanitz, die aber diese Konter-Taktik bevorzugt: „Ich arbeite lieber hinten nach als vorneweg.“ Gongs Trainer ist Dieter Kollark, der Kumbernuss 1995, 1997 und 1999 zum WM-Titel geführt hatte.
Ein Kinderspiel war für die kräftige Schwanitz die Qualifikation zehn Stunden vorher. Im ersten Versuch stieß sie locker 19,39 Meter und damit gut einen Meter weiter als für den Einzug in die Medaillenrunde nötig gewesen wäre. „Der Versuch war nicht richtig getroffen, aber auch nicht gepfeffert. Bei 18,30 Meter muss ich nicht Vollgas geben“, sagte Schwanitz. „In diesem Jahr habe ich eben dieses wunderbare Feeling und diese wunderbare Leistung, die ich fast immer abrufen kann, um mir nicht einen abquälen zu müssen, es zu schaffen.“
Deshalb war sie „tiefenentspannt“, aber keineswegs zu selbstgewiss in den Ring gestiegen. „In der Qualifikation sind schon viele Favoriten gescheitert, da muss man schon vorsichtig sein“, sagte Schwanitz. In den zehn Stunden zwischen Qualifikation und Finale machte sie nichts Spektakuläres - außer: „Duschen, essen, schlafen.“ Allerdings hatte sie sich in der Nacht vor ihrem großen Tag nicht so gut entspannen können und kaum ein Auge zubekommen. „Die Betten waren schrecklich, da hätte man besser auf dem Boden schlafen können“, berichtete sie.