Leichtathletik-EM: Kraftpaket Storl im Kugelstoßen auf Goldmission

Der Kugelstoßer peilt bei der EM ab Dienstag den ersten Titel für Deutschland an.

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Zürich. „Kienbaum ist unsere zweite Heimat“, sagt Sven Lang, Trainer von David Storl, über das einsam gelegene Bundesleistungszentrum 35 Kilometer östlich von Berlin. Allein in diesem Jahr hat David Storl hier 16 Wochen verbracht. Kienbaum ist für den Chemnitzer Trainingsort und Rückzugsgebiet. Auch vor der Europameisterschaft in Zürich, wo Dienstag am Morgen die Qualifikation und das Finale anstehen.

David Storl ist Titelverteidiger. Mit 24 Jahren. In einer Disziplin, die Kraft als ein Hauptmerkmal voraussetzt. Er gilt als Jahrhunderttalent. Nicht nur, weil er 2011 in Daegu und 2013 in Moskau Weltmeister oder Zweiter bei Olympia in London geworden ist. Kaum einer versteht es so effektiv, technisch sauber und schnell, das Körpergewicht im Ring zu beschleunigen und die Kugel im rechten Augenblick vom Hals zu stoßen.

Viele Worte über sein Können verliert David Storl nicht, der Polizeimeister-Anwärter palavert nicht oder kündigt großmäulig Wundertaten an. Er hat Ziele. Die gibt er preis. Mehr aber auch nicht. Gold möchte er, dieser David Storl. Dazu muss der deutsche Meister in Zürich Olympiasieger Tomasz Majewski aus Polen wie den Russen Alexander Lesnoj schlagen. „Klar kann Majewski einen Glücksstoß haben“, sagt Storl. „Ich will ihm nicht zu nahe treten, aber ihm ist die Grundgeschwindigkeit etwas abhanden gekommen. Klar kann immer was passieren, aber ich gehe schon mit breiter Brust und viel Selbstbewusstsein rein.“ Trotz Probleme zuletzt im Rücken traut sich der 1,98 Meter-Mann den Titel zu.

Sein Trumpf ist seine Beständigkeit. In jedem Wettkampf in dieser Saison hat er die 21 Meter übertroffen. Die Marke aber, die ihn reizt, sind die 22 Meter. Immer weiter hat er sich ihr angenähert. Psychisch wie physisch. Mitte Juli in London haben David Storl nur noch drei Zentimeter gefehlt. „22 Meter ist ein Ergebnis, das man nicht alle Tage stößt, vielleicht klappt es ja in Zürich“, sagt Sven Lang. „Die Form ist gut wie nie und wer David kennt, der weiß, dass er beim Saisonhöhepunkt immer noch zulegen kann.“

David Storl prägt enormen Ehrgeiz. Und doch hat er schnell gelernt, „dass es mit ein bisschen Spaß einfacher geht als nur so verbissen zu sein.“ Die perfekte Balance zu finden dauert manchmal ein, zwei Stöße. „Man selbst ist sein größter Konkurrent“, sagt David Storl. In Zürich zählt für ihn die Weite. Ganz Schelm fügt er an: „Mit 22 Metern bin ich zufrieden — egal, welcher Platz.“

Abgenommen hat David Storl. Und das in einer Disziplin, in der sich die Dicken duellieren. Doch die Spritzigkeit ist einer seiner Trümpfe. Auch, weil er seit einigen Wochen nicht mehr umspringen kann. Die technische Finesse und weiterführende Bewegung, bei der sich im Idealfall nochmal ein paar Zentimeter rausholen lassen, würde zu sehr sein lädiertes Knie belasten. Doch Storl hat die Gelassenheit und den Glauben, auch aus dem Stützstoß das Maximum herauszuholen. Nach der Saison ist ein Eingriff unvermeidbar. Gedanken daran schiebt Storl momentan beiseite. Vorerst zählt nur die EM.

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Dienstag, 10-14, 18-20.35 Uhr/ZDF , Kugelstoßen 19.34 Uhr/ZDF