Mittel für New-York-Marathon an Hurrikan-Opfer
New York (dpa) - Der New York-Marathon wurde abgesagt, in „Big Apple“ wurde aber trotzdem gelaufen - für die Opfer des Hurrikans „Sandy“.
„Start 9 Uhr, Treffen 8 Uhr. Bringt reichlich Sachen mit, die ihr für Notleidende spenden könnt. Vor allem deshalb machen wir dies“, hieß es am Samstag (Ortszeit) auf der Facebook-Seite „Run Anyway NYC Marathon“. Am Sonntag strömten daraufhin Tausende Lauf-Enthusiasten an die Ziellinie des New-York-Marathons im Central Park, um ihre Runden um New Yorks grüne Lunge zu laufen.
Zugleich machten sich mehrere Hundert Läufer auf nach Staten Island, um den Menschen in den dortigen Überflutungsgebieten zu helfen - mit dabei hatten die Freizeitsportler Rücksäcke voller Kleidung, die den Hurrikanopfern zu Gute kam.
Sie waren nach „Big Apple“ gekommen, um mit mehr als 40 000 Gleichgesinnten 42,195 Kilometer durch alle fünf Stadtteile zu laufen. Tagelang hatte Bürgmeister Michael Bloomberg schließlich betont, dass das Großereignis trotz der Zerstörungen durch „Sandy“ durchgeführt werde. Erst am Freitag, als die knapp 20 000 ausländischen Läufer bereits in New York eingetroffen waren, beugte sich das Stadtoberhaupt der immer lauter werdenden Kritik und sagte die 43. Auflage des größten Marathons der Welt ab.
Die Veranstaltung sei zur Quelle von Meinungsverschiedenheiten geworden - und so etwas könne man derzeit nicht gebrauchen, so Bloomberg. „Der Geist des Rennens besteht darin, Leute zusammenzubringen. Aber als es zum Streitpunkt wurde, habe ich die Entscheidung getroffen, den Marathon nicht durchzuführen.“
Es wäre als Affront gewertet worden, wenn die Läufer auf der Verrazano-Brücke im Stadtteil Staten Island unter den Klängen des Frank-Sinatra-Klassikers „New York, New York“ gestartet wären, während nur wenige Kilometer weiter fast eine Woche nach dem Hurrikan immer noch das Chaos herrscht und Menschen ums Überleben kämpfen.
Bloomberg hob hervor, dass mehr als 600 Decken, die für die Läufer angedacht waren, am Samstag durch Freiwillige Helfer in den zerstörten Gebieten von Staten Island gebracht wurden. Rund 10 000 Wasserkisten gingen an das Verteilzentrum in Brooklyn.
Die Frage bleibt: Warum erst jetzt? CNN hatte berichtet, dass in den Tagen zuvor an der Marathon-Startlinie mehr als 100 Generatoren und mobile Toilettenhäuschen standen - Dinge, die in den überfluteten Wohnsiedlungen von Staten Island, wo Zehntausende ohne Strom sind, dringend gebraucht werden.
In dem am dünnsten besiedelten New Yorker Stadtteil gab es mit 22 Toten bislang die meisten Opfer. „Wenn ich helfen kann, würde ich nach Staten Island fahren und den Leuten dort unter die Arme greifen“, sagte Meb Keflezighi. Der amerikanische Olympia-Vierte von London und 2009 New York-Champion galt als einer der Favoriten und hätte bei einem Sieg 130 000 Dollar Preisgeld bekommen.
Angesichts der dramatischen Bilder aus den Notstandsgebieten sind für ihn die finanziellen Einbußen irrelevant. „Geld kommt und geht“, meint Keflezighi. „Ich habe drei Töchter und auf Staten Island hat eine Frau gerade ihre beiden Kinder verloren. Wie willst du diesen Verlust kompensieren?“
Vor einer schweren Zukunft stehen die New York Road Runners (NYRR). Die Marathon-Veranstalter sind eine gemeinnützige Organisation und generieren knapp die Hälfte ihres Jahresbudgets von 60 Millionen Dollar durch das Event. Noch ist unklar, wie viel die NYRR den Sponsoren sowie dem übertragenden TV-Sender ESPN aufgrund des Ausfalls zahlen muss. Man habe eine Versicherung, dennoch werde es einen starken Einschnitt geben, so Renndirektorin Mary Wittenberg.
Womöglich droht ihrem Verein sogar eine Sammelklage in Millionen-Höhe. Denn der Marathon wurde, wie Bloomberg betonte, nicht aufgrund unbeeinflussbarer Umstände abgesagt. Somit könnten Teilnehmer den Veranstalter durchaus auf Schadensersatz belangen. Im Vorjahr beliefen sich die Gesamtkosten für Reise, Unterkunft und Verpflegung eines Teilnehmers des New-York-Marathons laut Umfrage im Schnitt auf 1778 Dollar pro Person.
Viele Hobbyläufer wollten bereits unmittelbar nach der Absage wissen, ob sie zumindest ihre Teilnahmegebühr von bis zu 347 Dollar zurückbekommen. Die NYRR zeigten sich bislang nicht kompromissbereit, sondern verwiesen strikt auf ihre Police, in der ausdrücklich steht, dass es keine Kostenrückerstattung gibt.