Nur die WM zählt: Bolt will Skeptiker verstummen lassen

Oslo (dpa) - Krise? Welche Krise? Eine Woche nach seinem verlorenen 100-Meter-Rennen in Rom ist das Selbstbewusstsein von Usain Bolt immer noch genauso groß wie der Rummel um den Superstar aus Jamaika.

„Ich fühle mich wunderbar. Ich bin immer positiv“, sagte der Olympiasieger und Weltrekordhalter vor seinem nächsten Start am Donnerstagabend beim Diamond-League-Meeting in Oslo.

Wer ihm das nicht glaubt, sollte sich nur einmal vor Augen führen, wie Bolt seine Zeit zwischen den Rennen in Rom und Oslo verbracht hat. Am Wochenende wurde er als Ehrengast zum Tennis-Turnier in Paris eingeladen, wo er Rafael Nadal den Siegerpokal überreichte. Am Dienstagabend gab Bolt dann eine Pressekonferenz in Oslo - aber nicht wie die meisten anderen Athleten im Medienhotel am Hauptbahnhof, sondern in einem mit Kronleuchtern behängten Prunksaal der russischen Botschaft. Im Nebenraum gab es Sekt und frische Erdbeeren, vom Garten aus einen schönen Blick auf den Oslofjord.

Die Russen gaben deshalb die Gastgeber, weil die Leichtathletik-Weltmeisterschaften - Bolts großes Ziel - in diesem Jahr in Moskau (10. bis 18. August) stattfinden. „Das Einzige, was zählt, ist diese WM“, meinte der Jamaikaner. „Für mich ist nur wichtig, dass ich mich in die Form bringe, die nötig ist, um die 100 und 200 Meter bei den Weltmeisterschaften zu gewinnen.“ Was zählt da schon ein verlorener Lauf gut zwei Monate vorher? „Das sagt nicht viel aus.“

Trotzdem war eines anders in Oslo. Die Journalisten und geladenen Gäste in der Botschaft kamen diesmal nicht, um ein paar lockere Sprüche und Showeinlagen vom schnellsten Mann der Welt zu erleben. Sie wollten eher hören, wie er mit der aufkommenden Skepsis nach seiner Niederlage in Rom umgeht.

Ist Bolt nach sechs Olympiasiegen und fünf WM-Titel womöglich satt? Hat ihn seine Oberschenkelverletzung im Frühjahr vielleicht doch weiter zurückgeworfen als zunächst gedacht? Oder ist sein Vorsprung auf Rivalen wie Justin Gatlin oder Tyson Gay gar nicht mehr so groß? Fragen wie diese werden auf einmal gestellt. Und Bolt gab sich in Oslo große Mühe, darauf ernsthaft, ausdauernd aber letztlich doch abwehrend zu antworten.

„Ich trainiere sehr gut, ich fühle mich sehr gut und meine Oberschenkel-Probleme habe ich überstanden“, sagte er. „Wenn mein Trainer sich keine Sorgen macht, dann mache auch ich mir keine Sorgen. Und mein Trainer macht sich keine Sorgen zurzeit.“

Auch ein Blick auf die Jahresbestenliste ändert daran offenbar nichts. Zumindest über 100 Meter stehen die beiden Amerikaner Gay und Gatlin in dieser Wertung noch vor ihm. „Es stimmt, mehrere Athleten sind zurzeit sehr gut drauf“, meinte Bolt. „Tyson ist der World Leader, Yohan Blake ist wieder zurück. Gatlin ist auch in Topform und Lemaitre hat Gatlin am Sonntag geschlagen. Aber es ist zu früh in der Saison, um zu sagen, was das für die WM bedeutet. Außerdem habe ich sie alle letztes Jahr bei Olympia geschlagen.“

Immerhin, in Oslo braucht der Jamaikaner über 200 Meter keine allzu starke Konkurrenz zu fürchten. Bolt ist der einzige Sprinter aus Übersee in einem ansonsten nur mit Europäern besetzten Feld. Europameister Churandy Martina (Niederlande) ist noch dabei oder der Norweger Jaysuma Saidy Nedure. Und der lachte am Dienstag laut los, als man ihm die Frage stellte, ob auch er Bolt schlagen könne.