Obergföll dominiert Speerwurf - Holzdeppe überrascht

Rom (dpa) - Am späten Abend, als beide ihre kleinen Siegerpokale in den Händen hielten, konnten Raphael Holzdeppe und Christina Obergföll schon wieder lachen über diese Geschichte. Dabei waren sie sich vorher in der riesigen Betonschüssel des Olympiastadions von Rom ziemlich in die Quere gekommen.

Da sich die Wettbewerbe der Stabhochspringer und Speerwerferinnen bei diesem Leichtathletik- Meeting zeitlich überschnitten, rannten die einen den anderen ständig durch die Anlaufstrecke. „Wir hatten sogar eine richtige Pause dadurch und mussten uns neu aufwärmen“, sagte Holzdeppe.

Am Ende ging aber alles gut. Er selbst feierte mit der persönlichen Bestleistung von 5,91 Metern seinen bislang größten Sieg auf allerhöchstem Niveau, weil er neben Malte Mohr (5,86) und Björn Otto (5,80) auch noch den französischen Olympiasieger Renaud Lavillenie (5,86) hinter sich ließ.

Obergföll gelang mit einem Wurf auf 66,45 Meter sogar der dritte Erfolg nacheinander in der Diamond League. Das brachte ihr neben nun schon 30 000 Dollar an Siegprämien auch eine komfortable Führung in der Gesamtwertung dieser weltweiten Serie ein. „Im Moment passt es einfach bei mir“, sagte die 31-Jährige. „Ich hatte den gesamten Winter über keine Probleme, deshalb bin ich jetzt athletisch sehr gut drauf. Auch meine Technik und meine Trainings- Resultate sind im Moment exzellent. Ich bin auf einem guten Weg.“

Wer so etwas über sich sagen kann und gleichzeitig sieht, dass die russische Weltmeisterin Maria Abakumowa (64,03) zurzeit chancenlos ist und Olympiasiegerin Barbora Spotakova (Tschechien) gerade eine Babypause einlegt, der kommt um eine Frage allerdings nicht mehr herum: Wird es in zwei Monaten bei der WM in Moskau endlich etwas mit dem ersten internationalen Titel für Obergföll? Schließlich gewann sie in ihrer Karriere schon fünfmal Silber - zuletzt bei den Olympischen Spielen und den Europameisterschaften im vergangenen Jahr.

Obergföll ist natürlich vorbereitet auf diese Frage und gibt seit Tagen ähnliche Antworten darauf. „Ich sehe mich nicht als Favorit für die WM und gehe alles Schritt für Schritt an“, sagte sie in Rom. Ihr nächstes Ziel sei die Team-EM in zwei Wochen in Gateshead.

Die große Zurückhaltung der Offenburgerin geht auf die Weltmeisterschaften vor zwei Jahren zurück. „2011 lag ich in der Weltjahresbestenliste auch vorn und wurde dann in Daegu nur Vierte“, erzählt sie. Damals merkte sie, dass man auch an der eigenen Erwartungshaltung zerbrechen kann, wenn diese viel zu hoch ist. Silber bei den Olympischen Spielen in London erlebte sie deshalb auch wie eine Befreiung und nicht als nächste Enttäuschung. „Ich bin mental soooo relaxed“, meint sie. „Das ist das Wichtigste.“

Für Holzdeppe gilt das im Übrigen auch. Im Schatten von Otto, Mohr und vor allem Lavillenie erwartet von dem 23-jährigen niemand zu viel bei der WM in Moskau. „Mein Ziel in diesem Jahr ist es, die sechs Meter zu schaffen“, meinte er nach seinem Sieg in Rom. „Wenn ich das bei den Weltmeisterschaften schaffen sollte - umso besser.“