Paralympics-Sieger Rehm darf bei DM starten
Berlin (dpa) - Sportliche Konkurrenten hat Markus Rehm schon lange nicht mehr. Zu überlegen ist der Paralympics-Sieger im Weitsprung in seiner Schadensklasse. Mit 7,95 Meter hält der Leverkusener, dem seit einem Wakeboard-Unfall der rechte Unterschenkel fehlt, den Weltrekord.
Die 8-Meter-Marke, die er als erster Behindertensportler knacken würde, scheinen nur noch eine Frage der Zeit. Doch weil der 25-Jährige die Herausforderung und den Wettkampf liebt, will er sich wie einst Stelzensprinter Oscar Pistorius mit Nichtbehinderten messen. Jetzt bekam Rehm für die deutschen Meisterschaften vom 25. bis 27. Juli in Ulm offiziell Grünes Licht.
„Das ist eine schöne Nachricht und eine Chance für alle Beteiligten“, sagte der Weltmeister der Deutschen Presse-Agentur. Bei einem Meeting in Dubai hatte er im Februar mit 7,65 Meter die DM-Norm geknackt und ein Startrecht bei der Meisterschaft angestrebt. Vor allem auf den Wettkampf mit den deutschen Top-Springern ist das Ausnahmetalent gespannt: „Ich freue mich auf die Konkurrenz. Da wird um jeden Zentimeter gekämpft.“ Er habe viele Reaktionen bekommen - nicht nur positive. „Aber das war ja zu erwarten.“ Rehm betonte: „Es gibt trotz allem noch viel Gesprächsbedarf, bei dem ich hoffe, dass sich Verbände mit Athleten an einem Tisch treffen. Denn wir haben alle Interesse an einem fairen miteinander.“
Rehm wird aber nur unter Vorbehalt gewertet, da bisher immer noch nicht geklärt ist, ob er mit seiner Beinprothese gegenüber den Nichtbehinderten einen Vorteil hat. „Dies ist ein wichtiger Schritt, um von der Einzelfallbetrachtung, die immer rückwärts gerichtet ist, Rechtssicherheit und Fairplay für die Zukunft zu gewährleisten“, erklärte Gerhard Janetzky, Inklusionsbeauftragter des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).
Nach der durch Rehms Erfolge ausgelösten Diskussion über einen Start bei den Nichtbehinderten hatte der DLV ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, ob seine Prothese ein unerlaubtes Hilfsmittel ist. Erste Erkenntnisse erhofft man sich nun von der biomechanischen Leistungsdiagnostik während der Meisterschaft. „Wir freuen uns, wenn Markus Rehm bei der DM startet. Solange aber nicht geklärt ist, ob Prothesen einen Wettbewerbsvorteil bringen oder nicht, sollte die Wertung unter Vorbehalt vorgenommen werden“, sagte Nils Winter, DLV-Athletensprecher und Weitsprung-Hallen-Europameister von 2009.
In einer Voruntersuchung durch unabhängige Wissenschaftler unter Einbeziehung von Vertretern des Deutschen Behinderten-Sportverbandes (DBS), DLV und des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) soll geklärt werden, ob aus objektiv messbaren Werten wie Anlaufgeschwindigkeit und Absprungwinkel beim Weitsprung eine Gesetzmäßigkeit abgeleitet werden kann, die die Gleichheit der Leistungen sicherstellt. Sollte das Fazit positiv ausfallen, könnten Gespräche mit Herstellern geführt werden, um im Sinne der Chancengleichheit genormte Prothesen zu entwickeln.