Prokop: „Nach Gesetz der Serie elf Medaillen“
Düsseldorf (dpa) - DLV-Präsident Clemens Prokop ist zuversichtlich, dass der Aufschwung in der deutschen Leichtathletik auch bei den Weltmeisterschaften vom 27. August bis 4. September in Daegu/Südkorea anhält.
„Wir hatten eine Serie“, sagte der Amtsgerichtspräsident aus Kelheim. Bei der WM 2005 gewannen die Deutschen fünf Medaillen, 2007 waren es sieben und 2009 neun. „Nach dem Gesetz der Serie müssten wir in Daegu elf Medaillen machen“, rechnete Prokop vor. „Es aber wird schwer werden, weil die Leistungsdichte sehr hoch sein wird.“
Die deutsche Leichtathletik hat in den letzten Jahren an Reputation gewonnen. Mit welchen Erwartungen fahren Sie zur WM nach Daegu?
Clemens Prokop: „Wir hatten eine Serie. Bei der WM 2005 gewannen wir fünf Medaillen, 2007 waren es sieben und 2009 in Berlin neun. Nach dem Gesetz der Serie müssten wir in Daegu elf Medaillen machen und in zwei Jahren 13. Nun bin ich zwar grundsätzlich optimistisch, aber ich bin auch realistisch. Es wird schwer werden, weil die Leistungsdichte in Daegu sehr hoch sein wird. Wir haben eine ganze Reihe von Medaillenkandidaten. Ziel ist, das Niveau von Berlin zu halten. Wenn wir mit der Medaillenzahl von 2009 nach Hause fahren würden, wäre das ein großer Erfolg.“
Schon vor der WM haben die deutschen Leichtathleten mit starken Leistungen und Meeting-Siegen Zeichen gesetzt.
Prokop: „Wir haben einen Saison, die so begonnen hat, wie kaum eine zuvor - mit einem Weltrekord durch Hammerwerferin Betty Heidler, zwei deutschen Rekorden und starken Leistungen in der Diamond League. Der Vorwurf aus der Vergangenheit, dass unsere Athleten bei internationalen Meetings nicht präsent sind, stimmt nicht mehr. Das ist ein guter Ausblick auf die WM.“
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen nach einigem Zögern wird nun doch live von der WM in Daegu berichten. Darf man nun davon ausgehen, dass ARD und ZDF auch die TV-Rechte für die WM 2013 erwerben werden?
Prokop: „Wir sind alle sehr froh, dass es mit der Live-Übertragung noch geklappt hat. Die Einschaltquoten in der Leichtathletik waren ja in der Vergangenheit gut. So hat die TV-Übertragung der WM 2009 in Berlin eine bessere Quote als Formel 1 und Fußball-Bundesliga gehabt. Auch von der EM in Barcelona 2010 waren die Quoten herausragend. Deshalb darf die Leichtathletik optimistisch sein, dass sie auch in Zukunft mit ihren großen Veranstaltungen in herausgehobener Position im Fernsehen präsentiert wird.“
Beim Kongress des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF will sich Präsident Lamine Diack wiederwählen lassen. Er ist seit 1999 im Amt und 78 Jahre alt. Kann der Senegalese der IAAF noch Impulse geben?
Prokop: „Es ist nicht alleinentscheidend, wer an der Spitze des Weltverbandes steht, sondern interessant wird sein, wer in das neue IAAF-Council gewählt wird und ob es den Mut hat, die Reformen in der Leichtathletik anzugehen - was auch die Präsentation der Wettbewerbe angeht. Wer auch immer an der Spitze des Verbandes steht, ist gefordert, sich diesen Herausforderungen zu stellen.“
Ist allein die Präsentation vordringlich?
Prokop: „Es ist ein umfassendes Feld. Da geht es auch um das internationale Wettkampfangebot. Wir fordern schon seit langem die Einführung einer Staffel-Weltmeisterschaft. Die bisherigen WM hatten ein sehr gestrecktes Programm.“
Die WM ist doch schon auf neun Tage verkürzt worden?
Prokop: „Möglicherweise könnte man sie noch mehr straffen.“
Sie fordern Reformen bei der WM-Gestaltung, vermögen im DLV-Haus aber keine Runderneuerung der deutschen Meisterschaften durchzusetzen.
Prokop: „Die Leichtathletik ist stark von Tradition geprägt, und es gibt unterschiedliche Sichtweisen, wie die Leichtathletik sich entwickeln soll. Veränderungen sind deshalb sehr schwierig. Reformen sind ein mühsamer Prozess.“
Denken Sie dabei auch an der Reduzierung der 47 Disziplinen?
Prokop: „Eine ganz schwierige Frage, weil jede Disziplin eine mehr als 100-jährige Tradition hat. Und weil Leichtathletik von der Philosophie lebt und alle Formen des menschlichen Bewegungsverhaltens in ihrer Perfektionierung Gegenstand dieser Sportart sind. Da ist es schwierig, sich von Disziplinen zu trennen. Man muss aber den Mut haben, im Sinne der Modernisierung darüber nachdenken, ob die Meisterschaftsprogramme noch alle 47 Disziplinen umfassen können.“
Die Olympischen Spiele 2004 waren für den DLV eine Pleite, die von 2008 mit nur einem Medaillengewinn ein Debakel. Kann der DLV bei den London-Spielen 2012 wieder stärker auftrumpfen?
Prokop: „So leicht war eine Steigerung um hundert Prozent im Medaillenergebnis noch nie zu erreichen, nachdem wir 2008 in Peking nur eine Medaille geholt haben. Wir müssen den Fluch, unter dem wir bei zwei Sommerspielen gelitten haben, beenden. Was uns gut tut und in dieser Saison sichtbar wird, ist, dass wir relativ sichere Medaillenkandidaten haben. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir uns deutlich in London steigern werden.“
Die Diamond League ist die Premium-Serie des Weltverbandes IAAF. Ihr fehlt aber die Strahlkraft. Wie beurteilen Sie diese Meeting-Reihe?
Prokop: „Die Leichtathletik tut sich schwer, außerhalb von Meisterschaften eine Art Liga-Programm wie im Fußball auf die Beine zu stellen. Man müsste darüber nachdenken, ob die Idee, über Prämien das Interesse bei Athleten wie Publikum zu wecken, richtig ist. Die Erfahrung spricht eher dagegen. Vielleicht sollte man die Meetings als gestaffeltes Qualifizierungssystem hin zu den Titelkämpfen wie EM und WM nutzen.“