Speerwerferin Obergföll: Gut, und trotzdem skeptisch
Stuttgart (dpa) - Speerwerferin Christina Obergföll traut dem Braten noch nicht. Erst der Sieg in New York, danach der Erfolg in Eugene - die WM-Saison hat für die Silbermedaillengewinnerin von London vielversprechend begonnen.
„Aber es ist völlig übertrieben zu sagen, das ist die beste Saison überhaupt. Ich bin schon häufiger gut eingestiegen“, sagte die 31-Jährige in Stuttgart über ihre Form. Allerdings: „Eigenlob stinkt, aber im Moment weiß ich nicht, was ich noch besser machen sollte - außer, dass bei einem großen Wettkampf mal wieder eine richtig große Weite rauskommt.“ Etwa im August bei den Weltmeisterschaften in Moskau.
Die Skepsis trotz guter Verfassung hat Obergföll nicht ohne Grund. Großereignisse und sie - so richtig gepasst hat das bislang selten. Zweite bei den Olympische Spielen in London, Bronze in Peking, Zweite bei den Weltmeisterschaften 2005 und 2007, in Daegu 2011 gar nur Vierte, dazu zweimal Silber bei Europameisterschaften: Der ganz große Sieg, Gold, die Nationalhymne, das fehlt noch. „Das ist etwas, was mich noch heiß sein lässt“, beschrieb die Leichtathletin aus dem Schwarzwald ihre Motivation.
2011, als sie trotz großer Hoffnung in Südkorea an allen Medaillen vorbei rauschte, „da war ich kurz davor zu sagen, ich höre jetzt auf“, erzählte Obergföll. Aber Silber in London, die Beste hinter der aus ihrer Sicht an diesem Tag unschlagbaren Barbora Špotáková aus Tschechien, das „hat mir unheimlich viel Motivation gegeben. Da hatte ich das Gefühl, jetzt ist das Glück endlich mal auf meiner Seite.“ Hinzu komme, dass es endlich mal keine störenden Verletzungen gibt. „Ich bin seit langem so gesund wie nie. Ich bin topfit.“
Vor den deutschen Meisterschaften in Ulm am kommenden Wochenende sagt Obergföll daher voller Selbstvertrauen: „Ich möchte natürlich deutsche Meisterin werden, keine Frage. Alles andere wäre vermessen, nach den Leistungen. Ich bin guter Dinge und weiß, dass ich den Titel gewinnen kann.“ Es wäre ihr Fünfter, nebenbei wäre damit auch eine alte Rechnung in der Münster-Stadt beglichen. „Da hab ich noch nie gut geworfen.“
Vor Ulm wirft sie Samstags noch beim Diamond-League-Meeting in Paris. Ende Juli ist das Treffen in London dann die Generalprobe vor den Weltmeisterschaften vom 10. bis 18. August. „Alles, was im hohen 60er Bereich ist, ist gut“, sagte Obergföll, machte aber auch deutlich: „Mein großes Ziel ist es, noch einmal eine neue Bestleistung zu werfen.“ Die liegt bei 70,20 Meter und ist aus dem Jahr 2007. „Es nervt ein bisschen, wenn die Leute sagen, da komme ich eh nicht wieder hin.“
Neben ihr selbst ist auch Lebensgefährte und Trainer Boris Henry vom Leistungsvermögen seiner Freundin überzeugt: „Jetzt brauchen wir mal gute Bedingungen, einen Tag, an dem sie sich gut fühlt, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass die Sieben vorne steht.“ Bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro will Obergföll so oder so noch weiter machen. Der Jahreshöhepunkt steht zudem unabhängig von allen sportlichen Leistungen schon fest: Im September läuten die Hochzeitsglocken.