Issinbajewa, Vlasic, Gay: Altstars heiß auf WM-Gold
Ostrau (dpa) - Den Flirt mit dem Publikum beherrscht noch immer niemand besser als Jelena Issinbajewa. Im Stadion Mestsky von Ostrau schwingt sich die Königin des Stabhochsprungs noch einmal über 4,78 Meter.
Kaum gelandet, winkt sie lächelnd in alle Richtungen und schickt Handküsschen hinterher.
Die 31-Jährige aus Russland hat aber auch ihren sportlichen Ehrgeiz noch nicht verloren. Issinbajewa gewann dieses Meeting in der tschechischen Industriestadt. Und was noch viel wichtiger ist: Nach zwei Olympiasiegen, 30 Weltrekordsprüngen und insgesamt sechs WM-Titeln im Freien und in der Halle will sie in anderthalb Monaten in Moskau auch noch zum dritten Mal nach 2005 und 2007 Freiluft-Weltmeisterin werden. „Ich bin motiviert und gut vorbereitet. Diese Weltmeisterschaft ist mein großes Ziel“, sagte sie in Ostrau.
Das laufende WM-Jahr ist in der Leichtathletik auch das Jahr der spektakulären Comebacks und fast schon vergessenen Altstars, die für diesen Saisonhöhepunkt vom 10. bis 18. August noch einmal alles aus sich herausholen. Es gibt Beispiele wie Issinbajewa, bei denen das sogar erfolgversprechend aussieht. Auch Hochspringerin Blanka Vlasic (Kroatien) hat nach fast zweijähriger Verletzungspause schon wieder die magische Marke von 2,00 Metern übersprungen. Ex-Weltmeister Tyson Gay (USA) steht in den Weltjahresbestenlisten über 100 und 200 Meter zumindest im Moment noch vor Superstar Usain Bolt.
Das „Golden-Spike-Meeting“ in Ostrau hat aber auch gezeigt, dass der Versuch, zu alter Stärke zurückzufinden, manchmal auch eine ziemliche Quälerei sein kann. Kenenisa Bekele hält noch immer die Weltrekorde über 10 000 und 5000 Meter, über beide Strecken gewann er insgesamt drei olympische Goldmedaillen und fünf WM-Titel. Am Donnerstagabend aber kam er in einem eher durchschnittlich besetzten 5000-Meter-Rennen mit großem Rückstand nur als Vierter ins Ziel und verließ danach sofort kopfschüttelnd die Laufbahn. „Es ist sehr hart, über viele Jahre in guter Form zu bleiben. Das ist definitiv nicht einfach“, sagte der 31-jährige Äthiopier. „Aber ich werde mein Bestes geben und alles versuchen, mich für die WM zu qualifizieren.“
Einfach nur dabei zu sein, wäre für Issinbajewa in Moskau zu wenig. Das ist ihre Heim-WM, dort wurde sie 2006 schon einmal Hallen-Weltmeisterin. „Ich verspüre keinen Druck“, meinte sie. „In Moskau fühle ich mich sicher. Da werde ich von den Zuschauern unterstützt.“
Die Russin stand bereits in Ostrau im Mittelpunkt des Interesses. Nach der Absage von Bolt ließen die Veranstalter alle Werbeplakate umgehend mit Fotos von ihr bedrucken. Wie man dieses Interesse am Leben hält, weiß Issinbajewa ebenfalls sehr gut. Noch vor dem Meeting dachte sie laut darüber nach, 2014 mit dem Leistungssport auszusetzen und eine Babypause einzulegen. „Ich würde gern heiraten und ein Kind kriegen“, sagte sie. 2016 noch einmal eine olympische Medaille zu holen, wäre aber auch nicht schlecht.
Wozu auch immer sie sich entscheidet: Issinbajewa weiß genau, dass sie den Stabhochsprung nicht mehr nach Belieben beherrscht wie früher. Die Olympiasiegerin und Hallen-Weltrekordlerin heißt mittlerweile Jennifer Suhr (USA), die Weltmeisterin Fabiana Murer (Brasilien). Auch die Deutsche Silke Spiegelburg wird in Moskau eine ernsthafte Konkurrenz für sie sein. „Einerseits freut es mich, dass immer mehr Mädels besser werden“, sagte Issinbajewa. „Andererseits muss ich deshalb noch härter arbeiten als je zuvor.“