Stabhochsprung-Oldie Otto: „Sechs Meter sind ein Ziel“

Helsinki (dpa) - 5,92 Meter sind schon eine Ansage. Doch der Stabhochspringer Björn Otto will noch höher hinaus. Da geht noch was. Vielleicht schon bei Olympia. Mit fast 35 Jahren will „Air Otto“ dann noch einmal richtig durchstarten.

EM-Silber hat er, die sechs Meter sind fällig.

Höhenluft macht Björn Otto süchtig. Pilot will er mal werden. Und auch sonst immer höher hinaus. Mit dem Gleitschirm war er schon auf 4000 Meter, auch mit dem Stab überwindet er die irdische Schwerkraft: Bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Helsinki war Silber der Lohn, und alle fanden Otto gut.

„Die besten Vier der Welt sind heute gesprungen. Das war schon wie ein olympisches Finale! In London kannst du mit 5,92 auch schon mal 'ne Medaille holen“, sagte der 34-Jährige vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen nach seiner ersten Freiluft-EM.

Bei den Olympischen Spielen will der Stabhochspringer nach den Sternen greifen. Im Oktober wird der Mann 35. Man glaubt es kaum. „Die sechs Meter sind ein Ziel für dieses Jahr. Ja, ich denke, es ist machbar. Ich kann auch 'ne 6,02 springen“, meinte der Routinier mit den vielen Talenten selbstbewusst. 6,02 Meter waren für Otto diesmal noch zu hoch - Altmeister Tim Lobinger hätte sonst seinen deutschen Rekord (6,00) nach fast 15 Jahren verloren.

Fliegen und Stabhochspringen sind Ottos große Leidenschaften. Mit seiner Diplomarbeit über das Seitenlinien-System von Fischen liegt der studierte Biologe „in den letzten Zügen“. Doch jetzt kommt erst einmal Olympia. Die Norm für London hat Otto schon im April erfüllt, mit seinem neuen „Hausrekord“ von 5,92 Metern ist er nun der beste deutsche Stabartist in diesem Jahr hinter Malte Mohr (5,91). Nominiert ist er zwar noch nicht, aber „einen Vize-Europameister lässt man nicht zu Hause! Die deutsche Meisterschaft ist Geschichte“, sagte er ein bisschen trotzig.

Im Bochum Lohrheidestadion schaffte der Zweite der diesjährigen Hallen-WM vor zwei Wochen nicht den Sprung aufs Podium und haderte mit den Bedingungen. Dennoch stellte ihm der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das Ticket für Helsinki aus.

Das war im vorigen Jahr anders, als ihn der DLV trotz erfüllter Norm nicht mit zur WM nach Daegu genommen hatte, obwohl er in Landau 5,80 Meter gesprungen war. Damals war der Anlaufsteg nicht per Laser vermessen worden, Otto wurde ein Opfer des Reglements. Dass er für Daegu dann der „Ersatzmann“ war, muss ihn besonders getroffen haben. „Ich bin natürlich frustriert ohne Ende, dass ich nicht mit zur WM fahre. Am Ende fehlte nur ein Stückchen Papier“, hatte er damals geschimpft.

Vergessen. „In dieser Saison habe ich alles richtig gemacht“, sagte der Studentenweltmeister von 2005 nach seinem größten internationalen Erfolg. „Bei den deutschen Meisterschaften habe ich mich mächtig geärgert. Aber das Ziel war immer Olympia und die Norm früh abzuhaken.“

Nach dem Saisonhöhepunkt in London will Otto mal in sich gehen, was seine berufliche und sportliche Zukunft betrifft. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. „Ich warte mal Olympia ab“, kündigte der EM-Zweite an, „dann werde ich mich entscheiden.“ Eins steht aber schon fest: Es geht noch höher.