Storl glaubt an 23 m - Kleinert: „Jahrtausendtalent“
Helsinki (dpa) - Sie ist fast schon Vergangenheit, ihm gehört die Zukunft. Im Gleichschritt gewannen Nadine Kleinert (36) und David Storl (21) bei der Leichtathletik-EM in Helsinki die Kugelstoß-Titel.
Nach den Olympischen Spielen in London trennen sich ihre Wege.
„Ich sage gar nicht mehr Jahrhunderttalent. Er ist ein Jahrtausendtalent!“, schwärmte die Magdeburgerin, die ihre Abschiedsvorstellung an der Themse geben wird, von ihrem Kollegen. Auch der erste große Gold-Gewinn und die Aussicht auf olympisches Edelmetall wird sie nicht vom angekündigten Rücktritt abbringen: „Schluss, aus, Ende, vorbei.“
Derweil lässt der 15 Jahre jüngere David Storl keinen Zweifel daran, dass er der Kugelstoß-„Goliath“ werden will. Selbst 23-Meter-Stöße, die nur dem deutschen Europarekordler Ulf Timmermann (23,06 Meter) und Weltrekordler Randy Barnes (USA/23,12) gelangen, traut er sich zu. „Erst einmal steht die 22-Meter-Barriere. Und dann noch ein Meter weiter wäre eine ganz schöne Steigerung“, weiß Storl. 2011 war er jüngster Kugelstoß-Weltmeister geworden. „Die beste Zeit eines Stoßers fängt aber erst bei 25, 26 Jahren an. Und ich kann mir nicht vorstellen zu stagnieren.“
Dass die Rekorde der 80er und 90er Jahre unter Doping-Verdacht stehen, das weiß er. „Das ist ein Thema, aber es waren andere Zeiten“, sagte Storl mit Verweis auf die ständigen Kontrollen. „Inzwischen wird deutlich härter trainiert und die Technik optimiert.“ Im Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) in Leipzig würden seine Stöße zudem „bis ins Tausendstel“ analysiert.
Im Training hat der 1,98 Meter lange und 126 Kilogramm schwere Modellathlet schon 27 Meter geschafft - allerdings mit der Vier-Kilo-Kugel statt mit dem Sieben-Kilo-Gerät. „Unser Anlage ist aber nur 23 Meter lang. Mittlerweise werfe ich über den Zaun.“
Bei den London-Spielen will er die 22-Meter-Marke angehen, um mit den bärenstarken US-Amerikanern um Reese Hoffa mithalten zu können. Nicht nur die EM-Siegesweite von 21,58 Meter stärken seine Zuversicht, sondern auch der zweite, ungültige Versuch in Helsinki. „Der Kampfrichter hat die Weite trotzdem gemessen. Es waren 21,84 Meter“, berichtete Storl. Trotz Gold bei WM und EM will er aber nicht Favorit sein: „Ich sehe mich nicht als Gejagter, da stehen andere unter Druck.“
Während Nadine Kleinert seit ihrem Erfolg bei der U 23-EM 1997 im finnischen Turku 15 Jahre brauchte, um den ersten großen Titel bei den Erwachsenen zu feiern, könnte Storl seine Medaillensammlung mit Olympia-Gold schon komplettieren. „Ich gönn's ihm auf jeden Fall. Ich habe etwas länger gebraucht“, sagte die Olympia-Zweite von 2004 und dreimalige WM-Zweite, die eine neue Karriere als Trainerin anstrebt. Dass sie zum Abschluss ihrer langen Athleten-Laufbahn in London für eine Überraschung sorgt, ist nicht ausgeschlossen. Etwas weiter als bei ihrem EM-Sieg muss Nadine Kleinert dafür schon stoßen: „19,18 Meter sind - wenn man ehrlich ist - keine Weite.“