Mönchengladbach verpasst Sieg in Wolfsburg. Gladbach verteilt zu viele Geschenke
Wolfsburg. · Michael Lang feiert ein starkes Debüt, doch das Hecking-Team verspielt in Wolfsburg gleich zweimal eine Führung.
Erleichtert, abgekämpft und müde lächelnd tauchte Michael Lang in der Mixed-Zone auf. Borussia Mönchengladbachs Sommer-Import aus der Schweiz hatte nach seinem 74-Minuten-Einsatz einiges zu erzählen. „Ich bin einfach nur glücklich“, sagte er nach seinem starken Bundesliga-Debüt. „Ich glaube, mit dem 2:2 in Wolfsburg können wir ganz gut leben.“ Und dann korrigierte er sich gleich: „Nein, doch nicht, ich finde, wir hätten die Partie gewinnen müssen.“
Lange hat der 27-jährige WM-Achtelfinalist in Russland mit den Eidgenossen auf seine Premiere in der Bundesliga warten müssen. Gehandicapt durch einen Außenbandriss, den er sich im Trainingslager der Fohlen-Elf am Tegernsee zugezogen hatte, war das 2,8-Millionen-Schnäppchen aus Basel eine kleine Ewigkeit außer Gefecht gesetzt. „Drei Monate hat es gedauert. Jetzt bin ich in eine neue Fußball-Welt eingetaucht. Ich spiele in der Bundesliga, alles ist besser, größer, spektakulärer. Nichts anderes wollte ich.“ Und die Liga will er ab sofort in vollen Zügen genießen. „Michael hat wenig zugelassen, er hat ein gutes Auge, ist viel unterwegs. Klasse“, lobte ihn Cheftrainer Dieter Hecking.
Hecking: „Wir haben auch
auswärts Akzente gesetzt“
Mit dem Start seiner Mannschaft in die neue Spielzeit und ihrer Entwicklung kann sich Gladbachs Coach durchaus anfreunden. „Man darf nicht vergessen, gegen wen wir ranmussten“, sagte er nach seinem 390. Bundesligaspiel. „Wir haben drei Heimspiele gegen Clubs, die international im Einsatz sind, überzeugend gewonnen und auch auswärts Akzente gesetzt. Wenn wir nach dem Spiel in München am Samstagabend immer noch Vierter sind, bin ich erst recht zufrieden.“
Hecking wirkte entspannt. Auf dem Podium im Presseraum der Arena hat er oft gesessen. Denn die meiste Zeit als Cheftrainer in der Bundesliga verbrachte der gebürtige Westfale in der Volkswagen-Stadt. Dem VfL Wolfsburg verhalf er während seiner fast vierjährigen Tätigkeit zur Vizemeisterschaft und zum Pokalsieg 2015, ohne dass die Begeisterung in der Region schier überschlug. Hecking hatte dort auch mit Starspielern wie Kevin de Bruyne und Luis Gustavo das Vergnügen: Profis mit kleinen Allüren und großem Ego. Nicht ganz so leicht zu nehmen, aber erfolgsorientiert.
Nun scheint Hecking nach effektiven Jahren in Wolfsburg auch am Niederrhein fruchtbaren Zeiten entgegen zu sehen, wo es in der vergangenen Spielzeit bei weitem nicht immer rund lief und eine unglaubliche Verletzungsmisere viele Pläne und Träume zerstörte. Hecking und seine Mannschaft scheinen jetzt bereit zu sein: Ruhige Typen wie Yann Sommer beispielsweise, Matthias Ginter, Christoph Kramer, Jonas Hofmann, Lars Stindl, Thorgan Hazard – und auch Michael Lang, noch so ein stiller Star, will es wissen. Dass Hecking dabei mit der Fohlen-Elf die Chance hat, anders als in Wolfsburg, emotional die Menschen mitzureißen und Hoffnungen zu entfachen, liegt in der Natur der Sache. Schließlich hat Gladbach Tradition, eine große Vergangenheit und ein gewaltiges Fanpotential. Viel fehlte auch diesmal nicht, und die Gäste hätten ihre seit Monaten anhaltende Auswärts-Flaute mit einem Sieg beendet. Zweimal gingen sie in einem munteren und durchaus sehenswerten Bundesligaspiel am Mittellandkanal in Führung. Es reichte abermals nicht.
Plea trifft traumhaft und
patzt vor dem Ausgleich
Auf Alassane Pleas grandiosen Torschuss in den Winkel zum 1:0 (7.) folgte nur zwei Minuten später der Ausgleich. Geradezu tragisch: Ausgerechnet der Franzose, der in den eigenen Strafraum zurückgeeilt war, leistete mit einem haarsträubenden Pass zum Gegner die Vorarbeit. Wolfsburgs Steffen ließ sich nicht zweimal bitten (12.). „So ist Fußball“, sagte Plea kurz und bündig. Hecking nahm dem Gladbacher Rekordeinkauf den Fehler nicht allzu übel. „Schade, dass er vor dem 1:1 den Gegenspieler übersehen hat“, sagte der Trainer zwar. Doch mit Pleas Entwicklung seien sie in Gladbach „sehr zufrieden“. Immerhin hat der Franzose bereits vier Treffer in der Bundesliga erzielt.
Ginter ärgerte sich dennoch: „Gefühlt war heute auf jeden Fall mehr drin. Es ist ärgerlich, dass wir nur einen Punkt mitgenommen haben.“ Denn als die Fohlen Elf, die mal ungestüm und furios angriff, dann wiederum verhalten agierte, aber immer engagiert auftrat und reichlich Aufwand betrieb, nach einer sehenswerten Kombination und starker Vorarbeit von Patrick Herrmann durch Thorgan Hazard das Resultat auf 2:1 stellte (48.), ging die wilde Fahrt der Fohlen weiter. Plea vergab freistehend das 3:1 (56.), ehe der wuchtige Angreifer Wout Weghorst beim erneuten Ausgleich der deutlich verbesserten Gastgeber drei Minuten später einen Schritt schneller als Ginter am Ball war – 2:2, der Endstand.
Schmeichelhaft für Wolfsburg, wie Michael Lang letztlich befand. Dann war der Weg für den Schweizer in die Umkleidekabine endgültig frei. Und das verlängerte Wochenende – Hecking gab dem Team bis morgen frei – konnte beginnen.