Bradl will seinen Vater mit WM-Titel übertrumpfen

Hamburg (dpa) - Dirk Raudies war 1993 der letzte Deutsche, der mit seinem Motorrad Weltmeister wurde. Stefan Bradl will in diese Fußstapfen treten. Er führt die Wertung in der Moto2-Klasse nach fünf Rennen souverän an.

Motorradpilot Stefan Bradl meidet die forschen Töne, aber an seinem Ehrgeiz lässt er keinen Zweifel. „In der Familie Bradl soll es einen Weltmeister geben. Ich möchte einen Platz besser sein als mein Papa Helmut“, sagt der Führende der Moto2-Klasse, dem in den vergangenen Wochen eine Aufmerksamkeit zuteilwurde, die er bisher nicht kannte. „Das ist schon extrem brutal“, beschreibt er den Hype um seine Person nach drei von fünf gewonnenen Motorrad-Rennen, „aber es nervt nicht. Bei mir geht es nur recht schnell bergauf“.

Titulierungen wie der „Motorrad-Vettel“ in der Presse stören den 21-Jährigen nicht: „Nein, wir kennen uns ja, ich verfolge die Formel 1, ich bin auch Auto-verrückt. Aber ich bin nicht ständig im Kontakt mit dem Sebastian“. Nach Jahren der Flaute gibt es mit dem Zahlinger und seinem Kumpel Sandro Cortese aus Bergheim als Gesamtzweiten in der 125-ccm-Klasse wieder starke deutsche Fahrer.

„Wir Deutsche sind auf einem guten Weg, uns zu etablieren“, sagt Bradl. Vergleiche mit Formel-1-Fahrern ehren ihn und Cortese zwar, von den Verdienstmöglichkeiten können sie aber nur träumen. Während Vettel geschätzte zwölf Millionen Euro pro Jahr nach Hause bringt, erreicht Bradl nur einen sechsstelligen Betrag.

Abheben wird der Bayer nach den Erfolgen der letzten Wochen bestimmt nicht. Er wohnt weiter bei seinen Eltern in Obergriesbach und lässt sich gern von ihnen beraten. Um nach Dirk Raudies (1993) den nächsten WM-Titel nach Deutschland zu holen, will Bradl bodenständig bleiben. Kampfansagen an die Konkurrenz gehören nicht zu seinem Repertoire.

Dafür hat er zu harte Zeiten durchgemacht in seinem Sport. 2007 wollte er als 17-Jähriger die Karriere beenden, kam mit den hohen Erwartungen nicht klar. Drei Jahre später war der Talentierte wieder da. „Aus den schlechten Zeiten habe ich mehr gelernt als aus den guten“, erzählt der Kalex-Pilot, der sich selbst als sehr realistisch einschätzt: „Es kann schnell nach unten gehen, deshalb bin ich zurückhaltend und verstecke mich lieber.“ Ein Auftritt im ZDF- „Sportstudio“ Ende Juni ist ihm nach den Super-Vorstellungen auf dem Zweirad aber gewiss.

Und wenn alles perfekt läuft mit dem Titel in dieser Saison, könnte auch sein Traum vom Aufstieg in den MotoGP wahr werden. Noch will Bradl, der beim Kiefer Racing Team unter Vertrag steht, nicht konkret werden. „Ich bin happy mit dem Team, das Rennfahren macht Spaß, und ich muss mich voll auf den Job konzentrieren“, sagt er. Seine Pläne will er möglicherweise in Assen Ende Juni konkretisieren.