Der geläuterte WM-Spitzenreiter Hamilton

Valencia (dpa) - Mit den Einträgen in die Verkehrssünderdatei soll es für Lewis Hamilton ein für allemal vorbei sein. Nach einem Leidensjahr 2011 mit einer Dauerkarte bei den Rennkommissaren hat der Weltmeister von 2008 zu alter Stärke zurückgefunden.

Hamilton ist WM- Spitzenreiter vor dem zweimaligen Weltmeister und Ex-Teamkollegen Fernando Alonso (zwei Punkte Rückstand) sowie Doppelchampion Sebastian Vettel (drei Punkte Rückstand). Vor dem Großen Preis von Europa in Valencia betonte McLaren-Pilot Hamilton: „Nicht einzelne starke Resultate werden in dieser Saison der Schlüssel zum WM-Gewinn sein, sondern konstante Leistungen.“

Doch ausgerechnet an Konstanz hatte es in der WM 2011 gemangelt. „Das ist meine schlimmste Saison in der Formel 1“, hatte Hamilton geklagt. Zur sportlichen Misere gesellte sich auch noch Liebeskummer. Die Beziehung zu Pop-Sängerin Nicole Scherzinger ging in die Brüche. Hamilton litt. Kein Lächeln, nur Verbitterung. Das einzige, was funkelte, waren die Brillis in den Ohren.

Mit 27 Jahren ist das private Glück bei Hamilton nun zurück. Stolz twitterte er im Februar von einem Konzert seiner Liebsten in Dublin. Bei seinem Sieg in Kanada vor zwei Wochen fieberte Scherzinger an der Strecke in Montréal mit. Er trage praktisch keinen mentalen Ballast mehr mit sich herum, erklärte Hamilton jüngst.

Die volle Konzentration gilt wieder dem Job als Rennfahrer. Dennoch fand Hamilton auch für eine besondere Reise Zeit. Mit dem Kinderhilfswerk UNICEF war der Brite vor ein paar Wochen in Manila. Hamilton traf dort einen zehnjährigen Jungen, der für sich und seine beiden jüngeren Brüder um Geld bettelte. Als Hamilton das improvisierte Schlafzelt der Kinder sah, schüttelte er betroffen den Kopf. „Die Kinder leben ohne die einfachsten Sachen, die für andere selbstverständlich sind, wie Essen, sauberes Wasser und ein sicherer Schlafplatz. Das darf nicht sein“, forderte Hamilton.

Der Multi-Millionär ist ein ausgesprochener Familienmensch. Vater Anthony, der früher einen Zweitjob angenommen hatte, um seinem Sohn die rasante Karriere im Motorsport überhaupt erst zu ermöglichen, war lange Zeit auch sein Manager. Vor über zwei Jahren beendeten sie diese Zusammenarbeit - Nebengeräusche inklusive. Die Dissonanzen sind inzwischen beigelegt. Um das Management des Formel-1-Piloten kümmert sich seit einiger Zeit jenes Unternehmen, das auch David Beckham oder Jennifer Lopez zu seinen Klienten und Klientinnen zählt.

Hamilton schaffte es aus bescheidenen Verhältnisse an die Spitze der Formel 1. Und dort, wo er am Sonntag seine Führung im Klassement verteidigen will, um beim Heimrennen in Silverstone weiter die Nummer 1 im Motorsportland zu sein, hatte der Brite im Januar 2007 die ersten Schritte auf der Formel-1-Bühne gemacht. Damals spielte der Debütant bei der spektakulärsten Präsentation eines Formel-1-Teams allerdings nur die Nebenrolle.

Das Augenmerk galt seinem Kollegen, dem nach zwei WM-Titeln mit Renault zu McLaren-Mercedes gewechselten Alonso. Nur ein Jahr dauerte das Engagement des Spaniers, Hamilton aber blieb, nachdem er das Duell für sich entschieden und nur knapp im ersten Formel-1-Jahr den Titel verpasst hatte.

Wie es nach der laufenden Saison beim 18-maligen Grand-Prix- Gewinner weitergeht, ist offen. McLaren will Hamilton, der beim Großen Preis von Deutschland am 22. Juli sein 100. Rennen bestreiten wird, behalten. Vielleicht ja sogar mit der Nummer 1 des neuen Weltmeisters auf dem Wagen.