Ecclestone: Müssen aus Reifen-Problemen Lehren ziehen
Nürburgring (dpa) - Bernie Ecclestone hat die Formel 1 aufgefordert, aus der Reifenkrise die richtigen Konsequenzen zu ziehen und an den tödlichen Unfall von Ikone Ayrton Senna erinnert.
„Stress, auch der allergrößte, kann so von Vorteil sein. So gesehen sind die Probleme, die die Formel 1 aktuell durchlebt, vielleicht das Beste, das ihr passieren konnte“, sagte Ecclestone in einem Interview der Zeitung „Die Welt“ und welt.de. Das eindringlichste Beispiel sei in dieser Hinsicht sicher der Tod von Senna gewesen.
„Danach begann eine unglaubliche Sicherheitsdiskussion, und die Formel 1 wurde so sicher wie nie zuvor. Der Anlass dafür war extrem traurig“, betonte Ecclestone: „Aber die Wirkung hat vielen Menschen später das Leben gerettet. So müssen wir auch jetzt an das Reifenproblem rangehen.“
Der dreimalige Weltmeister aus Brasilien war am schwarzen Wochenende der Formel 1 im Mai 1994 in Imola tödlich verunglückt. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden daraufhin drastisch erhöht. Selbst schwerste Unfälle gingen in der Formel 1 für die Fahrer seitdem meist glimpflich aus.
In Silverstone packte die Fahrer am vergangenen Sonntag nach einer unheimlichen Serie von Reifenplatzern aber die nackte Angst. Umherfliegende Reifenfetzen hätten schlimmste Verletzungen verursachen können. Für den Großen Preis von Deutschland kündigte die Fahrervereinigung GPDA einen Streik an, sollten sich diese Ereignisse wiederholen.
Um dies zu verhindern, stellten der Automobilweltverband FIA und Reifenausstatter Pirelli umgehend einen Notfallplan auf. Beim Deutschland-Rennen gibt es zum Beispiel einen Vier-Punkte-Katalog für den Gebrauch der Reifen. Die hinteren Pneus wurden zudem überarbeitet. „Bis jetzt ist Gott sei Dank niemand verletzt worden. Wir müssen schnell unsere Lehren daraus ziehen“, betonte Ecclestone.
„Wenn wir die Erfahrungen, die wir machen, richtig interpretieren, lernen wir daraus und machen es in Zukunft besser“, bekräftigte der 82-Jährige, der Verständnis für die Sorgen und Bedenken der Piloten zeigte. Gleichzeitig stellte der Geschäftsführer der Königsklasse jedoch klar, dass die Piloten ihre Superlizenz, nichts anderes als den Formel-1-Führerschein, bei einem Boykott des Rennens auf dem Nürburgring am Sonntag aufs Spiel setzen würden.
Ecclestone lässt eine mögliche Anklage vor dem Münchner Landgericht nicht völlig kalt. „Das ist immer in meinem Kopf und beschäftigt mich ebenso wie meine Anwälte“, sagte der Formel-1-Geschäftsführer der Zeitung „Die Welt“ und welt.de. „Wir müssen abwarten, wie die Sache ausgeht.“
Derzeit ist allerdings weiterhin unklar, ob es überhaupt zu einer Anklage im Zusammenhang mit dem Verkauf der Formel 1 vor gut sieben Jahren kommt oder ob die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl oder eine Einstellung mit Zustimmung des Gerichts beantragt hat.
Dem 82-Jährigen wird vorgeworfen, dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky rund 44 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt zu haben. Ecclestone bestreitet seit jeher die Vorwürfe. Er stellt die Millionenzahlung an Gribkowsky als eine Art Schweigegeld dar, damit dieser ihn nicht bei den britischen Steuerbehörden anschwärzt. Sein damaliger Verhandlungspartner war 2012 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er das Geld angenommen und nicht versteuert hat.
Die Ermittlungen gegen Ecclestone, der sich den Besuch beim Deutschland-Rennen auf dem Nürburgring nicht nehmen ließ, sind auch seit geraumer Zeit abgeschlossen. Wegen Übersetzungsarbeiten verschob das Gericht zunächst die Bekanntgabe der Ergebnisse.