Beatles-Fan Vettel sorgt für Blues in der Formel 1
Sao Paulo (dpa) - Die erdrückende Überlegenheit von Sebastian Vettel hat schon in wenigen Tagen ein Ende - zumindest für dieses Jahr. Die Dominanz des Deutschen in seinem Red Bull hat die Formel-1-Konkurrenz aber längst verzweifeln und ratlos zurückgelassen.
„Was Sebastian mit dem Auto machen kann, ist Wahnsinn. Wenn ich so in die Kurven einlenken würde, wie er das macht, dann bin ich in der Walachei“, gab Mercedes-Pilot Nico Rosberg unumwunden zu.
„Wenn ich mir Videos von Vettel anschaue, Onboard-Kameras am Computer, dann sitz' ich da und schreie: Bist du verrückt, wie geht das denn?“, sagte der Wiesbadener der „Bild“-Zeitung. Vettels Wagen, und das gilt nicht erst für seine diesjährige Hungry Heidi, scheint wie auf Schienen dahinzugleiten.
Rosbergs Teamchef Ross Brawn, der über seine eigene Zukunft bei Mercedes noch immer nicht entschieden hat, rechnet aber mit einem Rückschlag durch einen personellen Weggang. Bedingt durch den Weggang von Red Bulls Aerodynamikchef Peter Prodromou, der ab 2015 für McLaren arbeiten soll. Er gilt als rechte Hand von Design-Genie Adrian Newey. „Ich denke, kein Team verliert einen Ingenieur dieses Kalibers ohne Auswirkungen“, sagte Brawn laut autosport.com.
Allein der aktuelle RB9 aus der Feder von Newey ist es aber auch nicht. Vettels unfassbare Rekord-Siegesserie begann nach der Sommerpause, seitdem ist er in acht Rennen ungeschlagen. Der viermalige Weltmeister hat die Königsklasse des Motorsports zur Formel Langeweile gemacht. Für Teamchef Christian Horner ist Vettels Umgang mit den Reifen einer der entscheidenden Faktoren in der Erfolgsrechnung des 26-jährigen Heppenheimers. „Er scheint mehr aus ihnen herausholen zu können, als jeder andere Fahrer im Feld“, meinte Horner unlängst.
Vettel holt seit Monaten das Maximale nicht nur aus den Reifen, sondern aus dem gesamten Wagen. In Sao Paulo, wo er 2010 in seinem ersten Titeljahr bislang das einzige Mal gewann, winkt nun Saisonsieg Nummer 13 und die Egalisierung des Schumacher-Rekords von 2004.
Dann verabschiedet sich die Formel 1 in die (kurze) Winterpause, schon Ende Januar werden die neuen Autos im südspanischen Jerez zum Testen unterwegs sein. Dann mit Turbomotoren und noch einmal stark beschnittener Aerodynamik - es die DIE Hoffnung der Konkurrenz auf ein Ende der Ära Vettel/Red Bull.
„Im Sport gab es immer wieder Phasen, in denen ein Athlet oder ein Team dominiert haben“, sagte Horner auf adamcooperf1.com und nannte neben Ferrari, Williams und McLaren in der Formel 1 auch den Schweizer Tennisstar Roger Federer als Beispiel. „Und an einem bestimmten Punkt endet es.“ Dann müsse man sich neu sortieren und wieder von vorne anfangen, sagte Horner.
Von vorne fangen 2014 wegen der gravierenden Neuerungen alle an. Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko ist deswegen aber nicht bange, ganz im Gegenteil. „Immer wenn es eine große Reglement-Änderung gab, hat er sich in Bestform gezeigt“, sagte er jüngst über Newey: „Dann waren seine Autos in den ersten Jahren jeweils unschlagbar - zumindest solange, bis die anderen kopiert und nachgebaut haben.“ Womöglich geht die Vettel-Übermacht also auch im nächsten Jahr weiter.