Dennis krempelt McLaren um - Button: „Echter Kämpfer“
Woking (dpa) - Ron Dennis hat sich die Macht bei McLaren zurückerobert, nun krempelt er den englischen Traditionsrennstall um.
„Mr. Detail“, wie die britische Wochenzeitschrift „The Economist“ den Perfektionisten einmal nannte, will mit dem früheren Siegerteam in der Formel 1 schließlich schnell wieder Titel holen. Nur das zählt für ihn. Am besten gleich in dieser Saison - spätestens aber 2015, wenn Honda wieder die Motoren liefert.
Baustellen hat die Motorsport-Legende genug: Das Team hat immer noch keinen neuen Hauptsponsor, zudem dürften weitere personelle Änderungen anstehen. „Meine Teilhaber haben mir den Auftrag gegeben, ein aufregendes, neues Kapitel in der Geschichte von McLaren zu schreiben“, ließ Vorstandsboss Dennis Ende Januar wissen, als er sein ehemaliges Amt als Geschäftsführer der McLaren-Gruppe antrat und in dieser Funktion den bisherigen Teamchef Martin Whitmarsh ablöste.
Whitmarsh blieb im Amt. Aber wie lange noch? In dem ehemaligen Lotus-Teamchef Eric Boullier hat Dennis wenige Wochen vor dem Saisonstart in Australien schon einen neuen Renndirektor eingestellt. „Im Februar werde ich eine neue Strategie der Gruppe bekanntgeben“, kündigte der 66-jährige Dennis an. Dann werde er auch die nötigen Strukturen verankern, um die ersehnten hohen Ziele zu erreichen.
McLaren muss die vergangenen Jahre wie einen Kulturschock empfunden haben. Hatten die Briten unter Dennis bis zu seinem Rückzug als Teamchef im März 2009 zehn Fahrer- und sieben Konstrukteurs-Titel geholt, machte sich danach Ernüchterung breit. Seit Lewis Hamiltons Triumph 2008 wartet das Team auf ein Championat, erstmals seit 1980 verpasste es in der vergangenen Saison das Podium.
In die Kritik geriet daher auch Dennis-Nachfolger Whitmarsh. Die Ansprüche sind nun klar. „Das Ziel ist die Rückkehr zu Siegen, dafür existiert McLaren“, sagte Sportdirektor Sam Michael. Jonathan Neale, Team-Geschäftsführer, sieht in der Rückkehr von Dennis ein wichtiges Puzzleteil: „Ron ist leidenschaftlicher denn je.“
Und auch das Fahrer-Duo Jenson Button und Kevin Magnussen hält viel von der stets unter Arroganzverdacht stehenden Führungsfigur. „Er ist ein echter Racer und ein echter Kämpfer“, sagte Button, der im Jahr von Dennis' Abschied mit BrawnGP Weltmeister wurde und danach zu McLaren wechselte. „Es ist gut für das Team und gut für Ron, dass er wieder die Chance hat, die Mannschaft anzutreiben.“
Die Tests in Jerez mit dem chromblitzenden MP4-29 liefen schon mal vielversprechend, auch wenn der Wagen beim Topspeed noch zulegen kann. Dennoch: Tagesbestzeiten für Button und Neuling Magnussen nähren die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Saison.
Dennis wird das mit Wohlwollen verfolgen. Mehr nicht. Denn die Ansprüche des machtbewussten Mannes sind hoch. Nur Mitfahren passt nicht zu seinem Selbstverständnis. 1966 begann Dennis als Mechaniker für Jochen Rindt. Mit Motoröl wollte er sich auf Dauer aber seine Hände nicht schmutzig machen, 1981 wurde er McLaren-Teamchef. Titel mit Egozentrikern wie Ayrton Senna oder Alain Prost folgten. „Manchmal denke ich, dass ich eine Gehirntransplantation brauche, weil ich mich in den Wahnsinn treiben kann“, zitierte „The Economist“ Dennis einmal, als es um seine Detailversessenheit ging.
Mit seinem überraschenden Comeback dürfte sich allerdings wohl die Personalie Fernando Alonso erledigt haben. Immer wieder wurde der Ferrari-Star zuletzt als künftiger Fahrer bei den Briten in Verbindung gebracht, immer wieder waren der stolze Spanier und Dennis allerdings 2007 aneinandergeraten.
Alonso und Lewis Hamilton verspielten damals durch internen Zoff den Titel. Der Spanier flüchtete dann nach nur einem Jahr zu Renault. Dennis traf im selben Jahr aber nicht nur der Verlust der WM, sondern auch die Spionageaffäre 2007 - Rekordgeldstrafe von 100 Millionen US-Dollar inklusive. Ist ein Comeback von Alonso bei McLaren also ausgeschlossen? „Sag niemals nie“, meinte Dennis lapidar im vergangenen Dezember.