Ecclestones Wunschkandidat Horner winkt ab
Berlin (dpa) - Bernie Ecclestones Wunsch-Nachfolger will einfach nicht. Christian Horner möchte vielmehr seine glorreiche Bilanz als Teamchef im Alter von gerade mal 40 Jahren mit vier Fahrer- und vier Konstrukteurs-Titeln weiter aufpolieren.
Der gute Kumpel von Ecclestone denkt gar nicht daran, Red Bull zu verlassen und ein Büro als Chef der Formel 1 zu beziehen. Das machte er unmittelbar vor der Ankündigung des Strafprozesses gegen Ecclestone noch einmal deutlich: „Ich habe eine langfristige Verpflichtung mit Red Bull über mehrere Jahre. Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich tue.“
Dabei wäre Horner, auch sein Trauzeuge bei der dritten Hochzeit, für Ecclestone „ideal“. Nachdem sich der mittlerweile 83 Jahre alte Formel-1-Geschäftsführer praktisch nie öffentlich über potenzielle Nachfolger aus seiner Sicht geäußert hatte, sorgten Ecclestones Aussagen pro Horner Ende der vergangenen Saison für Wirbel. „Wir könnten eine Übergangsphase haben. Es braucht jemanden, der den Sport kennt“, hatte Ecclestone betont.
Auch über Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn war bereits einmal spekuliert worden. Die ebenso eloquente wie konsequente Juristin lehnte aber ebenfalls schon ab.
Ihr Teamchef-Kollege Horner kennt den Rennsport aus dem Effeff und die Formel 1 seit vielen Jahren. Er besitzt ein eigenes GP2-Team und machte den einst als Party-Truppe belächelten Red-Bull-Rennstall zum Branchenführer - vor Ferrari, vor Mercedes, vor McLaren. Vertraglich ist Horner bis 2017 an Red Bull gebunden. Ende 2012 hatte er seinen Kontrakt verlängert. „Es war eine absolut logische Entscheidung“, hatte Horner damals erklärt. Er ist ein Mann der ersten Stunde des Teams: Seit dem Einstieg 2005 ist Horner der Chef an und in der Box.
Und er machte sich am Tag vor der Ankündigung des Prozesses in München für eine Fortsetzung der Ära Ecclestone stark. „Bernie ist absolut der Beste und der Einzige, der es schaffen konnte, die Formel 1 zu so einem globalen Sport zu machen.“ Horner verwies auf die Premiere in diesem Jahr in Russland sowie die Rückkehr in die Red-Bull-Heimat Österreich.
Dringende Fragen sind derzeit in der Königsklasse des Motorsports nicht zu klären. Falls doch, wird nicht Ecclestone formal das letzte Wort haben. „Bernie Ecclestones Kommando über die Formel 1 ist zum ersten Mal in 40 Jahren durch die Erklärung geringer geworden, dass er die Schecks nicht mehr unterschreibt“, schrieb die britische „Daily Mail“ am Freitag.
Die Verantwortung haben nun die beiden Vorstandschefs der Formel-1-Holding Delta Topco, Peter Brabeck-Letmathe, Präsident des Nestlé-Verwaltungsrates, und Donald MacKenzie von Formel-1-Mitinhaber CVC. Ecclestone lässt seinen Direktoren-Posten auf eigenen Vorschlag ruhen, solange der Prozess laufen wird.
Der Daimler-Konzern, in der Formel 1 mit seinem Werksrennstall MercedesAMG und als Motorenlieferant für weitere Teams vertreten, hat auf diesen Rückzug positiv reagiert. „Wir begrüßen diese Maßnahmen“, teilte Daimler am Freitag der Nachrichtenagentur dpa mit. Allerdings soll Ecclestone weiter das Tagesgeschäft führen.
„Es ist so, als ob ich etwas kaufen wollte, es aber nicht ohne Erlaubnis des Vorstands tun darf. Aber wenn es um Rennen, Strecken geht, wird es so sein, wie wir es immer getan haben. Es wird dasselbe sein“, zitierte die britische Nachrichtenagentur Press Association (PA) Ecclestone in einem am Freitag veröffentlichten Artikel.
Schwindenden Einfluss kann der Brite trotz der Prozessankündigung und des Rückzugs vom Direktorenposten nicht erkennen. „Jeder aus dem Gremium stützt mich zu mehr als einer Million Prozent“, sagte Ecclestone PA zufolge weiter. Zweifel kennt Ecclestone - zumindest öffentlich - nicht. „In der Minute, in der das Verfahren vor Gericht beendet ist, kehre ich ins Gremium zurück“, kündigte er an.
MacKenzie stellte indes schon klar, dass CVC gegebenenfalls noch einen Schritt weitergehen würde. „Wenn es bewiesen würde, dass er gegen Recht verstoßen hat, würden wir ihn feuern“, hatte MacKenzie in dem bereits seit Oktober laufenden Zivilprozess vor dem Londoner High Court gesagt. CVC hatte Ecclestone 2006 als Geschäftsführer der Formel 1 installiert und damit die Ära des Briten fortgesetzt. Seit Ende der 70er Jahre besaß Ecclestone die TV- und Vermarktungsrechte.
Der Verkauf der Formel-1-Anteile der BayernLB 2005/2006 an CVC droht Ecclestones Lebenswerk nun zu einem unrühmlichen Ende zu bringen. In dem Prozess in München wird sich Ecclestone wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue verantworten müssen. Er bestreitet die Vorwürfe.
Mit dem Beginn der Hauptverhandlung wird nicht vor Ende April gerechnet. Bis dahin wird die Suche nach einem Nachfolger weiter Fahrt aufnehmen. CVC soll schon seit einiger Zeit ein Headhunter- Unternehmen beauftragt haben. Horner brauchen die Jäger aber wohl nicht auf ihre Liste zu setzen.