Hamilton spricht Rosberg Heimrecht in Hockenheim ab
London (dpa) - Lewis Hamilton hat mit einem missglückten Scherz auf Kosten von Nico Rosberg das Psycho-Duell um den Formel-1-Titel weiter befeuert.
Kurz vor dem Grand Prix in Hockenheim sprach der Brite seinem Mercedes-Kollegen das Heimrecht ab. Rosberg sei ja gar kein echter Deutscher, so Hamiltons Argumentation. „Um ehrlich zu sein, war Nico nie in Deutschland, also ist es nicht sein Heimrennen“, zitierten britische Medien den WM-Zweiten am Dienstag. „Hamilton gießt mit seinem Spott wieder Öl ins Feuer“, urteilte der „Telegraph“ über das brodelnde Binnenklima im Lager der Silberpfeile.
Nur mühsam hatten die einstigen Kart-Kumpels nach einem Eklat in Monaco vor einigen Wochen wieder einen Burgfrieden geschlossen. Im Rausch seines Silverstone-Sieges setzte Hamilton nun die nächste Spitze gegen Rosberg. Der WM-Führende wurde in Wiesbaden geboren, wuchs aber in Monte Carlo auf. Sein Vater ist der finnische Ex-Weltmeister Keke Rosberg, seine Mutter ist Deutsche. „Er ist deutsch-finnisch-monegassisch oder so etwas“, meinte Hamilton, der selbst seit einiger Zeit im selben Appartementhaus wie Rosberg in Monte Carlo lebt, mit einem Grinsen über seinen Stallgefährten.
Er begründete seine Aussagen mit Eindrücken aus der gemeinsamen Kart-Zeit. „Er hat sich nie neben eine deutsche Fahne gestellt, nicht einmal“, sagte Hamilton. Stattdessen habe Rosberg sich bei den Fahrerparaden stets neben der Flagge von Monaco positioniert. Tatsächlich sei Rosberg jedoch zunächst unter finnischer Fahne gefahren, ehe er sich auch aus Liebe zu seiner Mutter - und weil er kein Finnisch spricht - für die deutsche Rennfahrer-Nationalität entschieden habe, hieß es am Dienstag aus seinem Umfeld.
Auf Hamiltons Spott habe der 29-Jährige dennoch gelassen reagiert, weil er dessen Worte einordnen könne. Wirklich gefallen dürften Rosberg die Sticheleien aber nicht, hatte er doch erst am Wochenende erlebt, wie viel emotionale Schubkraft Hamilton aus dem Heimvorteil zog. „Ich wünsche mir natürlich eine ähnliche Unterstützung in Deutschland“, sagte Rosberg. Diese Hoffnung teilt Hamilton anscheinend nicht. „Er wird nicht mal ein Achtel der Unterstützung haben, die wir Briten hier bekommen“, sagte er in Silverstone.
Die Mercedes-Teamführung hatte den nächsten Zoff zwischen den Fahrern bereits befürchtet. Hamilton liegt nach seinem fünften Saisonsieg nur noch vier Punkte hinter dem WM-Spitzenreiter Rosberg, den in Silverstone ein Getriebeschaden gestoppt hatte. „Sie belauern sich noch mehr“, stellte Team-Aufseher Niki Lauda fest.
Der Österreicher hatte jüngst schon einmal als Vermittler eingreifen müssen, nachdem Hamilton beim Grand Prix in Monte Carlo aus der Rolle gefallen war. Zunächst sorgte er mit Aussagen über die Herkunft Rosbergs aus einem wohlhabenden Elternhaus für Irritationen, dann ließ er nach der Niederlage im Rennen seinem Frust freien Lauf. „Wir sind keine Freunde. Wir sind Kollegen“, knurrte Hamilton damals und würdigte Rosberg kaum eines Blickes.
Doch Rosberg zeigte Nervenstärke und ließ sich von diesem Wirbel nicht beirren. Kühl und clever baute er danach seinen Vorsprung in der Gesamtwertung aus, die Fehler machte der emotionale Hamilton. Durch Rosbergs Pech von Silverstone aber sind beide plötzlich wieder auf Augenhöhe. „Wenn man einen Berg erklettert und immer wieder abrutscht nach all der harten Arbeit und Kraft, die man investiert hat, ist das schwierig“, bekannte Hamilton erleichtert.
Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff rechnet fest damit, dass der Heimsieg Hamilton beflügeln wird. „Er ist mental sehr stark und kann mit den Kopfproblemen sehr gut umgehen“, sagte Wolff. Für Nico Rosberg ist die Reise nach Hockenheim nicht gerade leichter geworden.