Horrorvision Titelpleite: Stichler Alonso unter Druck
Yeongam (dpa) - Eine erneute Titelpleite - das ist für Fernando Alonso eine absolute Horrorvision. Seit über fünf Jahren hetzt der Spanier dem so ersehnten dritten WM-Titel in der Formel 1 hinterher.
„Die WM dreimal zu gewinnen wäre ganz sicher eine Erfüllung meiner Karriere“, sagte der mittlerweile 31-Jährige einmal: „Große Namen in der Formel 1 haben drei WM-Titel: Ayrton Senna oder Niki Lauda zum Beispiel.“
Er hat zwei - 2005 und 2006 gewann Alonso im Renault. Seitdem aber wartet er, daran änderte auch der spektakuläre Wechsel zu Ferrari nichts. An der Niederlage vor zwei Jahren im atemberaubenden Finale von Abu Dhabi hatte Alonso lange zu knabbern. Damals führte der Asturier die WM-Wertung über weite Teile der Saison an, ehe ihm Sebastian Vettel im letzten Moment die Krone entriss.
Und nun? Die Geschichte könnte sich wiederholen. Alonso steht gewaltig unter Druck. Auf vier Punkte ist der Vorsprung auf den wiedererstarkten Doppelchampion im Red Bull zusammengeschrumpft. Nachdem er am 24. Juni mit seinem Heimsieg in Valencia die WM-Führung übernommen hatte, kann er sie an diesem Sonntag im südkoreanischen Yeongam wieder verlieren.
Also greift Alonso, ein Hobby-Zauberer, auch mal wieder in die Psycho-Trickkiste. Er twitterte von kriegerischen Strategien und würdigte Vettel zuletzt des öfteren keines Blickes. Den Titel des jüngsten Doppelweltmeister hat ihm der Hesse schon entrissen, nun soll er nicht auch noch vor ihm den dritten Titel holen. Aussagen wie die des Red-Bull-Teamchefs Christian Horner im britischen Fachmagazin „Autosport“, ein weiterer WM-Sieg dieses Jahr wäre „der größte Triumph“ überhaupt, müssen Alonso besonders ärgern.
Auch der Spanier, der 2001 sein Formel-1-Debüt feierte und seitdem 191 Grand Prix bestritt, kann auf einen reichen Erfahrungsschatz in Sachen Sticheleien zurückblicken. 2006 reisten er und der von ihm im Jahr zuvor entthronte Michael Schumacher punktgleich nach China zum vorletzten Saisonrennen. In der Box seines Renault-Teams hängten sie ein Poster auf, das Schumacher Rücken an Rücken mit Kino-Pirat Jack Sparrow aus „Fluch der Karibik“ zeigte. Schumacher grinste breit, auf dem Kopf eine rote Ferrari-Kappe, unter der Fotomontage stand: „Michael, bring kein Messer mit zu einer Schießerei.“
Alonso kann aber auch anders. Vor dem dramatischen Finale 2007 ging er sogar mit seinem McLaren-Teamkollegen Lewis Hamilton auf Kuschelkurs. Dabei war die Einjahres-Liaison des Spaniers mit dem britischen Team und das Duell mit dem damaligen Frischling längst als einziges Ärgernis und Missverständnis in Erinnerung geblieben. Letztlich blieben beide sportlich damals auf der Strecke: Kimi Räikkönen gewann als lachender Dritter die WM.
Für die Saison 2010 musste Räikkönen bei Ferrari sein Cockpit für Alonso räumen. Für den Spanier ging ein Traum in Erfüllung. Am Ende des Jahres saß Alonso wie ein Häufchen Elend da, während Vettel mit seiner unfassbaren Punktlandung - zum ersten Mal in seiner Karriere WM-Spitzenreiter - im Champagnerregen den Triumph in Abu Dhabi bejubelte.
Beide nehmen sich auf der Strecke nichts. In Monza heizten sie vor einem Jahr und vor wenigen Wochen Rad an Rad nebeneinander, den Zuschauern stockte der Atem. Es war sinnbildlich für das knallharte Duell von Gute-Laune-Verbreiter Vettel, der sich eine Zeitlang Smileys in den Wagen klebte, und Alonso, der sich mittlerweile einen Samurai auf den Rücken tätowieren ließ.