Mercedes fühlt sich wieder stark
Mugello (dpa) - Nach nur acht Runden muss Nico Rosberg den Abschleppwagen rufen. Sein Silberpfeil ist kurz nach Beginn der Formel-1-Testfahrten in der Materassi-Kurve von Mugello gestrandet.
Doch die Panne mit einem defekten Sensor kann das frische Selbstbewusstsein des Mercedes-Teams nicht erschüttern. Nach zwei Jahren voller Rückschläge sieht sich der Werksrennstall endlich auf Augenhöhe mit den Spitzenteams. „Ich glaube nicht, dass wir unseren Gegnern in irgendeiner Weise unterlegen sind“, sagt Teamchef Ross Brawn im Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Bei den dreitägigen Tests in den Hügeln der Toskana will die Mercedes-Crew die Basis für weitere Erfolge in dieser Saison legen. Zum Auftakt allerdings bringt heftiger Regen das dichte Programm des Teams durcheinander, am Mittwoch und Donnerstag wartet daher noch mehr Arbeit. „Sehr wichtig“ seien die Probefahrten, betont Rosbergs Teamkollege Michael Schumacher. „Kleine Baustellen“ gelte es noch beim W03 zu bearbeiten. „Wir haben noch einiges in der Hinterhand“, verspricht der in der Branche als „Superhirn“ verehrte Brawn.
Seit dem fulminanten Rosberg-Triumph in Shanghai - dem ersten eines Werks-Mercedes seit 57 Jahren - ist das Team im Stimmungshoch. „China war kein Zufall“, kündigt Brawn weitere Siege in diesem Jahr an. Auch Rosberg spürt, dass die Zeit der Enttäuschungen vorbei sein könnte. Nach einem Blick auf die jüngsten Daten aus dem Windtunnel vermeldet der 26-Jährige begeistert: „Das Team gibt da richtig Gas, da kommt noch was.“
Schnell ist der neue Silberpfeil, das haben die ersten vier Rennen bewiesen. Es fehlt jedoch noch die Stabilität bei Auto und Team über ein ganzes Renn-Wochenende. Bei wechselnden Bedingungen reagiert das Gefährt launisch. Hinzu kamen technische Defekte und Fehler der Boxencrew, die zuletzt vor allem Schumacher trafen.
„Wenn wir mit dem Auto mehr Konstanz erreichen, dann werden diese beiden Fahrer das Maximum daraus machen“, formuliert Brawn die Aufgabe für die am 13. Mai in Barcelona beginnende Europa-Saison.
Wie China-Sieger Rosberg genießt der 43 Jahre alte Schumacher weiter volle Rückendeckung beim Teamchef, auch wenn der Altmeister in diesem Jahr erst zwei WM-Punkte eingefahren hat und noch immer auf den ersten Podiumsplatz seit seinem Comeback 2010 wartet. „Wenn wir alles richtig machen, dann werden wir auch bei ihm die Ergebnisse sehen. Und das werden wir schaffen“, beteuert Brawn.
An allen sieben Titeln Schumachers für Benetton und Ferrari war der Brite beteiligt. Es will also etwas heißen, wenn Brawn sagt, Schumacher sei „dieses Jahr sehr stark“. Der Rekord-Weltmeister hat sich indes vorerst Zurückhaltung auferlegt. „Es gibt einige positive Dinge, die sich bei uns entwickeln werden“, urteilt Schumacher.
Rosberg ist da schon etwas forscher. „Wir sind auf dem richtigen Weg, wir steigern uns ständig“, sagt der Wahl-Monegasse, nachdem er am Dienstag doch noch 49 Proberunden gedreht hat - mehr als alle anderen. Neben WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel ist Rosberg der Mann der Stunde, beide holten in den vergangenen beiden Rennen je 35 Punkte und damit mehr als jeder Rivale.
Diesmal aber soll der Höhenflug der Silberpfeile nachhaltig sein. Darauf hat Brawn seine Mannschaft eingeschworen: „Wir müssen uns auf die Herausforderungen der Zukunft konzentrieren, nicht auf die Erfolge der Vergangenheit.“