Neuer Zoff zwischen Rosberg und Hamilton
Shanghai (dpa) - Sichtlich angefressen beschwerte sich Nico Rosberg bei seinem Mercedes-Stallrivalen, fast schon amüsiert nahm Lewis Hamilton die Klage des Silberpfeil-Kontrahenten zur Kenntnis.
Nach dem souveränen Sieg des Briten in Shanghai warf der gebürtige Wiesbadener dem Formel-1-Weltmeister vor, seinem Rennen „unnötigerweise geschadet“ zu haben. „Es ist interessant, von dir zu hören, Lewis, dass du vorne nur an deine Geschwindigkeit gedacht hast“, meinte Rosberg auf der Pressekonferenz schnippisch und warf Hamilton nur einen flüchtigen Blick zu.
Rosbergs Vorwurf: Hamilton habe ihm durch eine aus seiner Sicht phasenweise zu reifenschonende und damit zu langsame Fahrweise „Stress verursacht“ mit dem Dritten Sebastian Vettel im Ferrari.
Shanghai-Rekordsieger Hamilton reagierte auf die Kritik des Zweitplatzierten unbeeindruckt. „Es ist nicht meine Aufgabe, mich um das Rennen von Nico zu kümmern“, stellte er klar. „Meine Aufgabe besteht darin, meinen Wagen zu beherrschen und den Wagen so schnell wie möglich heimzubringen. Das habe ich auch gemacht.“ Rosberg hätte ja versuchen können, ihn zu überholen, entgegnete Hamilton.
Der Brite kontrollierte den Grand Prix von China. Schon beim Start verteidigte er seine Spitzenposition im Kampfmodus: Der Brite stellte seinen Wagen schräg in die Parkbox, um so direkt nach rechts vor Rosberg ziehen zu können. Der Plan ging auf. Nach überschaubarer Action auf der Strecke ging das Rennen dann unspektakulär hinter dem Safety Car zu Ende. Den Stunk gab's danach.
Nach dem 35. Karrieresieg von Hamilton war Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff jedoch um Beschwichtigung bemüht. „Dass Nico so emotional gehandelt hat, ist verständlich. Dass Lewis es so gespielt hat, ist auch verständlich“, sagte der Österreicher. „Ich kann mich in beide hineinversetzen.“
Wolff warnte allerdings vor einer neuen Eiszeit zwischen der beiden Silberpfeil-Piloten. „Die Rivalität ist okay, solange sie nicht zu weit geht“, bekräftigte er. „Wir müssen aufpassen, dass es vor allem nicht dazuführt, dass eine Situation eskaliert.“ So wie in Monaco 2014. Im Fürstentum brach der Krach offen aus, nachdem der zweitplatzierte Hamilton Sieger Rosberg nach einem Eklat in der Qualifikation die Freundschaft gekündigt hatte.
Das erbitterte Teamduell hatte seinen Anfang auf der Strecke allerdings beim Großen Preis von Bahrain genommen. Dort steht der nächste Grand Prix an, in den Hamilton als WM-Spitzenreiter geht. Der 30-Jährige hat mit nunmehr 68 Punkten seinen Vorsprung auf Vettel (55) ausbauen können. Rosberg bleibt Dritter (51) und muss im erneuten Titelkampf wieder eine Niederlage fürchten, auch wenn die Saison noch lang ist.
Eine Neuauflage des Team-Zoffs soll es bei Mercedes aber nicht wieder geben. Wolff intervenierte und sprach von einer konstruktiven Nachbereitung des Rennens: „Da war keine Feindseligkeit.“ Auch der immer noch verstimmt wirkende WM-Zweite von 2014 wollte davon nichts wissen und beteuerte nach dem zweiten Saisonsieg des Weltmeisters: „Es ist alles geklärt.“ Er vertraue darauf, dass sich so etwas nicht wiederhole. „Ich bin zuversichtlich, weil das Team das sehr gut gemanagt hat.“
Ob Hamilton seinen Ärger hat nachvollziehen können? „Nach den Diskussionen jetzt: ja“, sagte Rosberg, der an der Stelle seines ersten Formel-1-Siegs 2012 alles gegeben hatte. „Es gibt nicht viel zu sagen: Ich bin wirklich mit dem Messer zwischen den Zähnen gefahren“, meinte der 29-Jährige und wirkte ziemlich zerknirscht: „Zweiter Platz, ist halt so jetzt, das war's.“
Vettel war mit Platz drei nach seinem Triumph in Malaysia vor zwei Wochen hingegen zufrieden. „Alles in allem ein sehr großer Erfolg. Ich denke, wir sind deutlich näher dran als vor vier Wochen“, sagte Vettel und forderte aber auf der Jagd nach den Silberpfeilen weiter Bescheidenheit: „Wenn wir weiter kleine Schritte nach vorne machen, freue ich mich darauf, eine echte Herausforderung für sie zu sein.“
Auf einen Mercedes-Patzer hoffte die Scuderia in Asien jedenfalls vergebens. „Wir haben darauf gewartet, dass Mercedes einen Fehler macht, aber da kam keiner“, sagte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene.
Vor allem Hamilton raste makellos über den 5,451 Kilometer langen Kurs. Nach dem Sieg in Australien und Platz zwei in Malaysia erwies er sich in China auch noch als Reifenflüsterer. Seinen erneuten Erfolg bejubelte Hamilton feixend und sichtbar gut gelaunt inklusive Schampus-Gesichtsdusche für Rosberg. „Er fährt auf einem Höhepunkt seiner Fahrqualitäten“, lobte RTL-Experte und Mercedes-Teamaufsichtschef Niki Lauda Hamilton. Diese Qualitäten hat Rosberg mal wieder zu spüren bekommen.