Todt vor nächster Amtszeit als FIA-Boss

Paris (dpa) - Seinen einzigen Widersacher auf dem Weg zur nächsten Amtszeit als Chef des Automobil-Weltverbandes FIA ist Jean Todt schon vor drei Wochen losgeworden. Entnervt teilte der ehemalige Politik-Berater und langjährige FIA-Funktionär David Ward den Rückzug von seiner Kandidatur an.

Eine Schlammschlacht um das höchste Amt im Motorsport wie noch 2009 blieb aus. Bei der Abstimmung durch die Vollversammlung der Fédération Internationale d'Automobile in Paris kann es damit de facto nur einen Sieger geben: Todt, der wegen seines kompromisslosen Führungsstils als Formel-1-Teamchef die Spitznamen „Der General“ und „Napoleon“ verpasst bekam. Doch der frühere Teamchef von Rekordweltmeister Michael Schumacher bei Ferrari ist längst nicht unumstritten. Denn der Berg an Problemen ist während seiner ersten vier Jahre nicht unbedingt geschrumpft.

Kleiner wurden immerhin Todts Sorgen vor einem verbissenen Wahlkampf um das höchste FIA-Amt. Ward sah sich zu einem Rückzug gezwungen. Es habe sich als unmöglich erwiesen, die nötigen Stimmen zu sammeln, klagte der Brite Mitte November. „Daher möchte ich Jean Todt meine Glückwünsche zu einer zweiten Amtszeit anbieten“, erklärte Ward weiter und schob mit einem Seitenhieb hinterher: Wenn auch ohne Wahl-Kontrahenten, so doch nicht ohne interne Gegner.

Ward zog gegen Todt mit einem Reformprogramm ins Feld und sparte auch nicht mit Kritik an dem Franzosen. Er warf dem FIA-Boss unter anderem vor, sich vorzeitig unerlaubt Stimmenzusagen im Block gesichert zu haben. Dies sei „ein ernster Verstoß gegen die Regularien und den Ethikcode der FIA“, betonte Ward und rief die Ethikkommission der FIA zur Klärung auf.

Transparenz, Rechenschaftspflicht - das waren zwei Eckpfeiler von Wards Programm. Zuletzt gab er noch eine Studie in Auftrag, die der FIA in diesen beiden Punkten erheblichen Nachholbedarf nachwies und sogar größere Versäumnisse attestierte als bei der FIFA und beim IOC. Nicht nur Wards Ansicht nach bedarf der Weltverband, der unter anderem auch Regelbehörde der Formel 1 ist, einer strukturellen Erneuerung.

„Das derzeitige FIA-Modell ist eine Regierung der Führung durch die Führung und für die Führung“, kritisierte Ward, der früher Chef der FIA Foundation für Automobile und Sicherheit war und Todts Vorgänger Max Mosley beriet. Es sollte aber eine Regierung von den Mitgliedsverbänden und für diese sein.

Gegenwind ist der Mann aus Pierrefort gewohnt. Ob als prägende Figur hinter den Ferrari-Titeln von Schumacher oder im Wahlkampf 2009, als er seinen finnischen Widersacher Ari Vatanen in die Schranken wies. Der Sohn polnischer Einwanderer kann sich aber mächtiger Fürsprecher wie Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone sicher sein. Mit seiner Präsidentschaft sieht sich der Mann des früheren Bond-Girls Michelle Yeoh noch lange nicht am Ende. „Es ist, als ob man einen Berg erklimmt“, meinte Todt im Sommer malerisch. „Wir versuchen immer höher aufzusteigen. Jetzt sind wir bei rund 3000 Metern, aber es ist noch ein weiter Weg.“

Vorgeworfen wurde dem 67-Jährigen beispielsweise mangelnde Führungsstärke. Der frühere Rennsport-Direktor von Peugeot blamierte sich zusammen mit Ecclestone etwa 2012, als beide mit dem sturen Festhalten am Wüstenrennen im von Unruhen erschütterten Bahrain für ein PR-Desaster sorgten. Zudem befindet sich das Premiumprodukt wirtschaftlich in größerer Schieflage denn je. In der Debatte um eine Budgetgrenze für die Formel 1 hielt sich Todt raus - ganz im Gegensatz zu Vorgänger Mosley zum Ende seiner Amtszeit.

„Wir sind die Regelbehörde. Wenn sie die Kosten nicht reduzieren wollen, dann ist das so“, meinte der Franzose Anfang des Jahres in der „Financial Times“ in Richtung der Rennställe. „Es ist nicht unsere Pflicht, Dinge zu tun, die die Teams nicht wollen.“ Und auch der ersehnte Grundlagenvertrag ließ in diesem Jahr lange auf sich warten. Auf seiner Berg-Tour wartet für Todt noch eine Menge Arbeit.