Vettel im Party-Stress: „Es wird eine harte Woche“
Abu Dhabi (dpa) - Sebastian Vettel ließ es bis zur Sperrstunde in der Podiums Lounge des Nobelhotels auf dem Yas Marina Circuit krachen. „Um halb fünf gingen die Lichter an, aber das war wohl für uns alle die gesündere Variante“, verriet Vettel grinsend im Red-Bull-Haussender Servus TV.
Spätestens als er im Flieger Richtung Salzburg saß, dürften ihn aber auch die Gedanken an die Jagd auf die für einzigartig gehaltenen Formel-1-Bestmarken wieder eingeholt haben. „Ich kann die Rekorde von Michael vielleicht besser einschätzen, weil man viel Abstand hat und sieht, dass es was ganz ganz Besonderes ist“, sagte Vettel, nachdem er in Abu Dhabi die Saisonserie von Schumacher mit sieben Erfolgen aus dem Jahr 2004 eingestellt hatte. „Wenn man da jetzt ähnlich unterwegs ist, begreift man das nur sehr schwer.“
Auch die Art und Weise ließ Vettel selbst fast sprachlos zurück: „Die Abstände sind teilweise schon beängstigend.“ Große Zweifel, dass er nach der Party-Fortsetzung in Salzburg und Fuschl am See, dem Hauptsitz von Red Bull sowie der Schmiede im englischen Milton Keynes - „das wird eine harte Woche“ -, rechtzeitig wieder fit und bereit für Sieg Nummer acht nacheinander ist, hat eigentlich niemand. „Aggressiv, gnadenlos, ungeheuerlich, clever. In einem Wort? Sebastian Vettel“, schrieb die italienische „La Gazzetta dello Sport“ ehrfürchtig, aber traf es dann doch in zwei Wörtern.
„Ich setze mich rein und hab' Spaß“, erklärte der Heppenheimer unterdessen sein Erfolgsrezept, mit dem er die Grenzen der Formel 1 neu auszuloten scheint. Nur noch vier Siege, und Vettel stellt die 41 Grand-Prix-Erfolge der tödlich verunglückten Rennlegende Ayrton Senna ein. Und selbst die 91 Erfolge Schumachers sind nicht mehr von einer anderen Welt.
Rechnerisch fuhr Vettel in seinen bisherigen kompletten Formel-1-Jahren pro Saison sechs Siege ein: Schumacher kam auf einen Wert von 5,68 Erfolgen pro Jahr. Mit Ausnahme seiner Lehrzeit bei Toro Rosso gelangen Vettel Minimum vier Siege per annum. Gewinnt er in zwei Woche in Austin, überbietet Vettel auch noch die elf Saisonsiege aus seinem famosen zweiten Titeljahr 2011.
„Nach 2011 haben wir gesagt, dass das schwer zu wiederholen sein wird und dass du sowas nur einmal im Leben schaffst. Nun können wir sagen, wir haben es zum zweiten Mal im Leben geschafft“, betonte der Hesse. Er hatte sichtlich ergriffen mit den Tränen zu kämpfen, als er sich bei der offiziellen Pressekonferenz richtig bewusstgeworden war, was er mit dem nächsten Meilenstein auf seinem nicht enden wollenden Rekordweg erreicht hatte.
Die 13 Saisonsiege, die als Maß der Dinge von Schumacher ebenfalls aus dem Jahr 2004 gelten, kann Vettel auch noch schaffen, wenn er nach Austin das Finale in Sao Paulo gewinnen würde.
Gefeiert werden soll danach aber auf jeden Fall, ganz egal, wie der 19. Saisonlauf ausgeht. Danach beginnt aber auch der Countdown für den nächsten Versuch der Verfolger, die übermächtige Rennallianz Vettel/Red Bull vom Erfolgskurs zu bringen. „Alle beginnen bei Null“, betonte der Abu-Dhabi-Dritte Nico Rosberg von Mercedes.
Die Silberpfeile werden neben Ferrari mit Rückkehrer Kimi Räikkönen und Fernando Alonso sicherlich zu den ersten Herausforderern gehören. Der Spanier, der bei einem Ausweichmanöver in Abu Dhabi heftigsten Kräften ausgesetzt gewesen und vor dem Abflug noch in einem Krankenhaus durchgecheckt worden war, dürfte noch unerbittlicher sein. Mittlerweile sieben Jahre ohne Titel, genauso lange wie Vettel nun in der Formel 1 ist, reichen dem Asturier. Dass er den bislang letzten Ferrari-Weltmeister (2007) als neuen Teampartner bekommt, erhöht den Druck.
Womöglich könnte neben Rosberg aber auch ein weiterer Deutscher zumindest ab und zu die Etablierten ärgern. Bei Lotus zeichnete sich ab, dass die Chancen des 26 Jahre alten Emmerichers Nico Hülkenberg auf das Räikkönen-Cockpit wieder größer sein könnten. Der neue Team-Investor Quantum gab zumindest ein klares Votum für den aktuellen Sauber-Fahrer ab. „Ich denke, es dauert nicht mehr lange, bis es feststeht“, sagte Quantum-Chef Mansoor Ijaz nach übereinstimmenden Medienberichten. Dann hätte auch Hülkenberg ein Grund, bis zur Sperrstunde zu feiern.