Vettel meckert in China über Reifenpoker
Shanghai (dpa) - Das verlorene Reifen-Roulette von Shanghai verdarb Sebastian Vettel gründlich die Laune. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister haderte weniger mit der Niederlage gegen den überlegenen Ferrari-Star Fernando Alonso.
Vielmehr moserte der viertplatzierte Red-Bull-Pilot in China über die im Titelrennen so entscheidenden Gummimischungen. „Es hat im Moment nicht viel mit Rennfahren zu tun, wenn man das ganze Rennen nur auf die Reifen auslegt“, murrte Vettel und legte nach: „Der Speed ist ja da. Aber man kann nicht so schnell fahren, wie es das Auto zulässt, weil die Reifen auseinanderfallen.“
Die Gummi-Ration trug Vettel von Startplatz neun nicht mehr wie erhofft aufs Podium. Nur wenige Meter fehlten ihm auf der Schlussrunde gegen Lewis Hamilton, der hinter dem Finnen Kimi Räikkönen Dritter wurde. „Wenn man die fehlenden Sekunden sucht, dann eher am Anfang des Rennens, als ich im Verkehr fest hing“, verteidigte der Heppenheimer seine Marschroute für das dritte Saisonrennen. „Die Strategie war richtig. Wir sind anfangs nur nicht richtig aus den Pötten gekommen“, erklärte der 25-Jährige.
Vettel hatte sich schon vor dem abwechslungsreichen Rennen als Zocker erwiesen. Und am Ende knapp daneben gelegen. Er nahm bewusst einen schlechteren Startplatz in Kauf, um im Reifenpoker die Wahl zu haben. Auf der härteren Mischung kam Vettel aber zunächst nicht so voran, wie er sich das erhofft hatte. „Im Nachhinein ist man immer schlauer“, meinte Vettel.
Teamchef Christian Horner nahm es gelassen. „Seb ist ein starkes Rennen gefahren“, sagte der Brite. Vettel habe sein Tempo und die Reifen gut im Griff gehabt. Richtig schief ging es dagegen für Vettels In-Team-Feind Mark Webber. Drei Wochen nach dem Eklat von Malaysia, als Vettel dem Australier gegen die Teamorder noch den Sieg weggeschnappt hatte, endete die China-Tour für den Routinier nach einem Unfall vorzeitig. Um Webbers Horror-Wochenende abzurunden, erhielt der 36-Jährige sogar noch eine Strafe der Rennkommissare: In Bahrain muss er drei Plätze weiter hinten starten.
Als cleverer Stratege erwies sich hingegen Alonso. In seinem 200. Grand Prix krönte er ein starkes Wochenende. Der Ferrari-Mann raste in Fernost zu seinem 31. Karrieresieg, zog damit in der ewigen Bestenliste mit dem drittplatzierten Nigel Mansell gleich und sendete im Titelkampf ein wichtiges Lebenszeichen. „Dieser Sieg fühlt sich nach dem Ausfall von Malaysia toll an. Der Start dieser Saison sieht ganz gut aus“, schwärmte der Asturier, der sich während der Siegerehrung über Luftküsse seiner Freundin Dascha freuen durfte.
Seit dem Deutschland-Grand-Prix im Juli hatte Alonso auf das Erklingen seiner Nationalhymne warten müssen. Zu lange nach seinem Geschmack. „Ich habe mich gut gefühlt, mein letzter Sieg liegt auch schon lange zurück“, sagte der Asturier. „Aber es war kein leichtes Rennen.“ Jedoch eines, das Alonso mit 43 Punkten auf Position drei der WM-Wertung spülte. Vettel liegt mit 52 Zählern weiter in Front vor Lotus-Pilot Räikkönen (49 Punkte).
Eine rauschende Siegerfeier wird es für Alonso aber nicht geben. „Ich fliege gleich weiter“, kündigte der Spanier mit Blick auf den Grand Prix in Bahrain kommende Woche an. Mut für das nächste Event macht ihm sicher auch das Lob von Teamchef Stefano Domenicali. „Das war ein großartiges Rennen, was die Strategie und die Leistung angeht“, bilanzierte der Italiener. „Es ist auch eine Belohnung für alle, die so hart gearbeitet haben.“
Das Fazit bei Mercedes fiel dagegen zwiespältig aus. Hamilton holte sich nach seiner Pole Position mit Platz drei weitere 15 Zähler im WM-Rennen. Vorjahressieger Nico Rosberg musste seinen Silberpfeil nach 23 Runden wegen eines beschädigten Stabilisators in der Box abstellen. „Das ist sehr, sehr schlecht. Das aufzuholen wird immer schwieriger“, meinte Rosberg nach seinem zweiten Ausfall in drei Rennen. Im teaminternen Duell mit Hamilton gerät er nun immer weiter ins Hintertreffen. „Am Ende muss man das Positive sehen. Es ist ein zweiter dritter Platz in zwei Rennen, und das ist gut“, bilanzierte Motorsportchef Toto Wolff.
Wie Rosberg kam auch Landsmann Adrian Sutil nichts ins Ziel. Sauber-Neuzugang Esteban Gutierrez rauschte dem Force India des Gräfelfingers ins Heck. Der Mexikaner muss dafür wie Webber in Bahrain büßen und fünf Plätze weiter hinten starten. Bei Sauber bleibt damit weiter Nico Hülkenberg der Hoffnungsträger. Der Rheinländer sammelte in Shanghai seine ersten Führungskilometer nach seinem Wechsel zum Schweizer Team und wurde am Ende Zehnter.