Vettel verpasst Heim-Pole - Hamilton top, Rosberg Flop
Nürburgring (dpa) - Lewis Hamilton hat im Silberpfeil dem deutschen Formel-1-Spitzenreiter Sebastian Vettel in letzter Sekunde die erste Pole auf dem Nürburgring entrissen.
Der Brite schnappte sich den besten Startplatz am Samstag in einer packenden Qualifikation zum Großen Preis von Deutschland mit einem nervenstarken Auftritt. Vettel fehlte im Red Bull über eine Zehntelsekunde auf Hamilton. „Ich habe alles versucht, was ich konnte“, sagte Vettel, „aber für die Pole hat es nicht gereicht.“
Die Freude beim deutschen Werksteam über die insgesamt sechste Pole in diesem Jahr wurde allerdings durch einen kapitalen taktischen Fehlgriff bei Nico Rosberg getrübt. Der Silverstone-Sieger und Mitfavorit für das Heimrennen verpasste als Elfter die Top Ten. „Unglaublich, echt heftig. Einfach verschätzt“, stammelte der Wiesbadener regelrecht: „Schlimmer geht es nicht mehr.“ Teamchef Ross Brawn, eigentlich ein Stratege par excellence, gab zu: „Es wäre eine leichte Untertreibung, wenn wir nur von gemischten Gefühlen sprechen würden.“
Die rund 45 000 Fans auf dem Eifelkurs warteten letztlich vergeblich auf die erste deutsche Pole seit 2005, als Nick Heidfeld dort gestanden hatte. Platz drei schnappte sich am Samstag Vettels Teamkollege Mark Webber, der in den vergangenen beiden Auflagen noch auf der Pole am Nürburgring gestartet war. Vierter wurde Kimi Räikkönen im Lotus, der damit nicht zu unterschätzen ist im Kampf um den Sieg in der Eifel.
Vettels schärfster WM-Verfolger Fernando Alonso kam im Ferrari nicht über den achten Platz hinaus. Die Scuderia ließ ihren Starpiloten allerdings mit den härteren Medium-Reifen in den letzten zehn Minuten antreten. Mit diesen wird Alonso auch ins Rennen starten und deutlich länger draußenbleiben können bis zum ersten Boxenstopp. „Eine kalkulierte Qualifikation“, kommentierte Ferrari das Ergebnis. Nico Hülkenberg wurde im Sauber Zehnter, Adrian Sutil im Force India 15.
An der Spitze kam es aber zumindest zum erwarteten Duell um die Pole zwischen Vettel und Mercedes. Nicht aber mit Rosberg, der im zweiten Abschnitt vom Team nicht mehr auf die Strecke geschickt wurde, nachdem er eine Zeit aufgestellt hatte. Das Problem: Der Kurs wurde schneller und schneller. Die Konkurrenz reichte Rosberg durch.
„Das müssen wir auf uns nehmen. Da müssen wir uns entschuldigen bei Nico“, betonte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. „Mir wäre es lieber gewesen, wenn beide da vorne gestanden hätten. Dann wäre es leichter gewesen gegen Vettel“, meinte Teamaufsichtsratschef Niki Lauda.
Der Heppenheimer Vettel verpasste seine 40. Pole. Für Red Bull wäre es sogar die 50. gewesen. Vettels Fazit fiel dennoch vielversprechend aus. „Du musst nicht von der Pole starten, um ein Rennen zu gewinnen“, sagte er. „Wir sind auf jeden Fall dichter dran als in Silverstone. Wir sind für das Rennen auf jeden Fall gut gewappnet.“
Zumal auch die neuen Reifen ihre richtige Bewährungsprobe bestanden. Schon im Training hatte es keine Probleme mit den neuen Pneus fürs Heck gegeben. Auch im Qualifying hielten die Gummis, was Hersteller Pirelli versprach. Die Gefahr eines Boykotts der Fahrer, sollten sich die Ereignisse von Silverstone mit einer Serie gefährlicher Reifenplatzer wiederholen, scheint gebannt. „Ich bin zuversichtlich, dass niemand Probleme mit den Reifen haben wird“, sagte Vettel. Er will seinen Fans an diesem Sonntag (14.00 Uhr/RTL und Sky) noch mehr Grund zum Jubeln geben als über Platz zwei.
„Es tut mir leid, dass ich nicht gewunken habe“, entschuldigte er sich nach dem Qualifying. Er habe halt auf den Bildschirm geschaut auf der Auslaufrunde, um zu sehen, ob er die Pole geholt habe.
Mit seinem ersten Sieg vor heimischer Kulisse - es wäre der 30. in seiner Karriere - würde Vettel seinen Vorsprung wieder ausbauen. Nach seinem Defekt in England kam Alonso bis auf 21 Zähler heran. Räikkönen hat 34 Punkte weniger, Hamilton als WM-Vierter 43 Zähler. Rosberg ist mit 50 Punkten weniger als Vettel WM-Sechster.