Kopfüber-Crash von Wehrlein Gänsehaut-Triumph für Vettel in Monaco

Monte Carlo (dpa) - Nach seinem kleinen Siegertanz in der Fürstenloge von Monaco gab sich Sebastian Vettel ganz dem Rausch der Gefühle hin.

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„Es war unmöglich, nicht Gänsehaut zu bekommen. Das macht Rennfahren für mich so speziell“, sagte der Formel-1-Spitzenreiter, nachdem er Ferrari den ersten Sieg beim Klassiker in Monte Carlo seit Michael Schumachers Triumph vor 16 Jahren geschenkt hatte. Der mit einer gewitzten Strategie vor dem düpierten Teamkollegen Kimi Räikkönen eingefahrene Erfolg wirkte für Vettel umso süßer, weil sein Titelrivale Lewis Hamilton als Siebter patzte und nun schon 25 Punkte in der Gesamtwertung zurückliegt.

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„Wir hatten so schwere Zeiten letztes Jahr, dieses Jahr scheint alles andersrum“, schwärmte Vettel, der voller Emotionen sogar kurz in den inbrünstigen Gesang seiner Mechaniker zur italienischen Hymne eingestimmt hatte. Der von der Pole Position gestartete und später von Vettel ausmanövrierte Räikkönen stand mit versteinerter Miene daneben, Hamilton war schon in den Feierabend geflüchtet. „Das war das Beste, was ich rausholen konnte“, versicherte der Brite.

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Nach verpatzter Qualifikation rettete er sich von Startplatz 13 immerhin auf Rang sieben und ergatterte noch sechs WM-Punkte. „Das ist keine tolle Ausbeute“, meinte Mercedes-Teamaufseher Niki Lauda. „Hoffentlich war das unser schlechtestes Wochenende“, betonte Teamchef Toto Wolff, zumal auch der Finne Valtteri Bottas als Vierter hinter Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo das Podium verpasste.

Dagegen lief es für Vettel perfekt. Zwar kam er am Start noch nicht wie erhofft an Räikkönen vorbei, doch als der Finne für seinen Reifenwechsel an die Garage fuhr, nutzte der 29-Jährige seine Chance mit zwei Superrunden. „Für mich war dann klar: jetzt alles oder nichts. Ich habe versucht, alles rauszuquetschen, nicht viel nachgedacht und wirklich fliegen lassen“, erklärte Vettel die entscheidenden Minuten des Rennens.

Sein Teamgefährte sah sich indes durch die Ferrari-Strategie benachteiligt. „Es fühlt sich nicht wirklich gut an“, sagte Räikkönen, der nach fast neun Jahren Wartezeit wieder auf der Pole Position gestanden hatte. Vettel versuchte, mit demonstrativem Mitgefühl den Teamfrieden zu retten. „Ich bin sehr glücklich, aber ich kann schon verstehen, dass er verärgert ist“, sagte der Hesse.

Für Vettel war es der 45. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere, für Ferrari der erste Doppelerfolg seit Hockenheim 2010. „Darauf haben wir lange gewartet. Dieses Rennen wird in unsere Geschichte eingehen“, übermittelte Fiat-Präsident Sergio Marchionne. Prompt kündigte Vettel eine heftige Party an, ehe er seinen deutlich gewachsenen Vorsprung in zwei Wochen in Kanada verteidigen muss. „25 Punkte, das ist ein langer Weg“, befand der geschlagene Hamilton.

Lange war das sechste Saisonrennen ereignislos geblieben. Auf den 3,337 Kilometern durch die Häuserschluchten des Fürstentums gibt es kaum Überholchancen, so bestimmte Abwarten und die Hoffnung auf die Taktik lange das Geschehen. Für Renault-Pilot Nico Hülkenberg war der Arbeitstag schnell vorbei. Der Rheinländer musste sein Auto wegen eines technischen Defekts abstellen.

Noch heftiger erwischte es Landsmann Pascal Wehrlein. Der Worndorfer landete in der 61. Runde nach einer Kollision mit McLaren-Ersatzfahrer Jenson Button hochkant auf zwei Rädern kurz vor dem Tunnel in der Streckenbegrenzung. Der ehemalige DTM-Champion, der wegen eines Unfalls bei einem Jux-Rennen im Januar wegen Brüchen im Brustwirbelbereich mit Verspätung in die Saison gestartet war, stieg aus eigener Kraft aus seinem Auto, spürte aber die Folgen des Einschlags. „Mal sehen, wie es dem Rücken geht“, meinte er. „Es ist ziemlich ärgerlich.“

Die Safety-Car-Phase wegen des Unfalls von Wehrlein stauchte das Feld in der Schlussphase noch einmal zusammen. Vettel aber hatte an der Spitze längst das Kommando übernommen und fuhr den Sieg sicher nach Hause. „Es ist ein großartiger Tag fürs Team“, sagte der Heppenheimer, ehe er leicht schnaufend bekannte: „Ich bin echt ausgelaugt.“