Hamilton in Kanada schneller als Vettel
Montreal (dpa) - Ein Ausrutscher im Regen hat Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton die Freude über die Trainingsbestzeit in Kanada verdorben. „Aquaplaning“, funkte der WM-Spitzenreiter in Montreal nach seiner unfreiwilligen Fahrt in einen Reifenstapel an die Mercedes-Box.
Zuvor hatte der Brite mit Wut im Bauch in beiden Übungseinheiten die schnellste Runde gedreht. Knapp zwei Wochen nach dem Monaco-Fiasko, als Hamilton wegen einer Taktikpanne Teamkollege Nico Rosberg den Sieg überlassen musste, sorgt der Titelverteidiger auch auf dem Circuit Gilles Villeneuve für das Spektakel.
Als Tageszweiter stärkte Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel die Hoffnung, mit dem Einsatz eines verbesserten Motors den Druck auf die bislang übermächtigen Silberpfeile erhöhen zu können. 0,316 Sekunden Rückstand hatte Vettel bei seiner besten Runde auf Hamilton. Als Dritter lag auch sein Stallgefährte Kimi Räikkönen noch vor Rosberg im zweiten Silberpfeil. „Wir arbeiten in allen Bereichen, weil wir genau wissen, wo wir hin wollen“, hatte Vettel zuvor gesagt.
Noch aber scheint die Lücke nicht gänzlich geschlossen, wie zumindest die Übungsrunden auf der Ile Notre Dame vermuten ließen. So dürfte sich am Samstag in der Qualifikation die Mercedes-Serie fortsetzen. Bei den vergangenen 17 Rennen stand stets ein Silberpfeil auf der Pole Position. Häufiger parkte nur Williams in den Jahren 1992 und 1993 in Serie auf Startplatz eins, insgesamt 24 Mal.
Hamilton, der schon dreimal in Montreal gewonnen hat, will nach dem Nackenschlag von Monte Carlo ein deutliches Zeichen im sich zuspitzenden Titelrennen setzen. „Ich nehme, was ich habe, und arbeite daran, meine Führung wieder auszubauen“, antwortete der 30-Jährige auf die vielen Fragen zu den Nachwirkungen seiner Monaco-Enttäuschung.
„Früher hätte ich viel darüber gegrübelt, mich damit aufgehalten. Ich hätte es hinter mir lassen wollen, aber es wäre mir schwer gefallen“, schrieb Hamilton in einer am Freitag veröffentlichten BBC-Kolumne. „Aber jetzt bin ich ein bisschen älter und weiser.“ Der kapitale Strategiepatzer habe sein Verhältnis zur Mercedes-Crew nicht beschädigt. „Ein Rennen kann das nicht ändern“, versicherte Hamilton.
Allerdings mussten sich Hamilton und sein Team nach dem zweiten Training fragen lassen, warum sie im einsetzenden Dauerregen noch einmal eine Ausfahrt riskierten. Alle anderen Autos blieben in der Garage, nur die beiden Mercedes-Piloten gingen zur Freude der Fans auf die pitschnasse Strecke. Die Strafe für den Wagemut war Hamiltons leichter Crash.
Der kuriose Vorfall passt ins Bild. Nach seinem furiosen Saisonstart sieht es für Hamilton inzwischen nicht mehr nach einer lockeren Solofahrt zum dritten Titel aus. Teamkollege Rosberg hat nach zwei Siegen in Serie nur noch zehn Punkte Rückstand in der Gesamtwertung. „Ich habe eine positive Erfahrung hinter mir, das ist natürlich besser als eine schlechte“, sagte Rosberg zu den Vorzeichen für das siebte Saisonrennen.
Das Duell mit Hamilton empfindet der 29-Jährige heftiger als den früheren Zweikampf mit Rekordweltmeister Michael Schumacher. „Wir kämpfen jetzt um Siege und Titel, das macht es anders, intensiver, komplizierter“, sagte Rosberg. Mit einem Erfolg in Kanada am Sonntag könnte er die Rivalität mit seinem einstigen Kart-Kumpel noch weiter befeuern.