Keine Lust auf Pool-Party: Enge WM nervt Vettel
Monte Carlo (dpa) - Mark Webbers Sieger-Salto in den Red-Bull-Pool bekam Sebastian Vettel nicht mehr mit. Nach dem Verlust der WM-Führung in Monaco ersparte sich der Formel-1-Doppelchampion die Party seines Teamkollegen, der als sechster Gewinner im sechsten Saisonrennen einen Rekord aufstellte.
„Für die Fans sind die vielen Rennsieger ja gut, aber uns macht es das Leben schwer. Wir wissen einfach nicht, was passiert“, sagte Vettel nach der klugen Fahrt auf Rang vier in Monte Carlo.
Die unberechenbare Formel 1 macht das Titelrennen auch für die Stars der Branche undurchschaubar. „Vielleicht haben wir ja nach dem nächsten Rennen in Montreal sieben Sieger, keine Ahnung. Aber etwas Routine wäre jetzt mal schön“, bekannte der Australier Webber. Mit seinem zweiten Triumph im Fürstentum schloss der 35-Jährige in der Gesamtwertung mit 73 Punkten zu Vettel auf. Damit hat der Hesse endgültig einen WM-Rivalen auch im eigenen Stall. Spitzenreiter aber ist nun Ferrari-Fahrer Fernando Alonso mit 76 Zählern.
Der Spanier durfte als Dritter gemeinsam mit Webber und dem zweitplatzierten Mercedes-Piloten Nico Rosberg zum Empfang in der Fürstenloge. „Dass wir zu diesem Zeitpunkt die WM anführen, hätte ich nach dem ersten Rennen niemals geglaubt“, gestand Alonso. Teamchef Stefano Domenicali meinte: „Diese WM ist schwer zu verstehen, die Situation ist sehr komplex.“
Klar ist allen nur, dass nichts klar ist. Lange nicht mehr war vor den Renn-Wochenenden so offen, wer am Sonntag den Schampus verspritzen darf. Die Regelreformen haben die Teams enger zusammenrücken lassen, die sensiblen Pirelli-Reifen sorgen für Hochspannung. „Es ist völlig offen im Moment. Sechs oder sieben Fahrer haben Chancen auf den Titel“, urteilte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Der Mann der Stunde fährt einen Silberpfeil. Der WM-Fünfte Rosberg sammelte in den vergangenen vier Rennen 59 Punkte - mehr als jeder andere. „Das zeigt, dass wir konstanter werden, immer besser, immer stärker. Das lässt mich echt hoffen“, sagte der 26-Jährige. Nur der erneute Ausfall von Rekordweltmeister Michael Schumacher wegen eines Problems mit der Benzin-Zufuhr trübte die Mercedes-Bilanz. Mit der Bestzeit in der Qualifikation hatte Schumacher aber gezeigt, wozu das Team und auch er in diesem Jahr fähig sind.
Als größter Verlierer verließ daher der McLaren-Rennstall die Côte d'Azur. Platz fünf von Lewis Hamilton und die Aufgabe von Jenson Button versetzten den WM-Hoffnungen des zu Saisonstart schnellsten Teams einen weiteren Dämpfer. „Wir fallen Rennen für Rennen zurück, die anderen werden immer besser. Wenn wir nicht aufpassen, kann es schnell vorbei sein“, warnte der wütende Hamilton.
Teamchef Martin Whitmarsh bemühte sich indes um Gelassenheit und wehrte auch die Diskussion um eine zu große Beliebigkeit an der Formel-1-Spitze ab. „Die Leute wollen doch, dass es unvorhersehbar ist. Das ist gut für den Sport“, beteuerte der Brite.
Vettel hingegen sehnt sich wohl eher nach seiner Dominanz des Vorjahres zurück, als er allein elf Rennen gewann. „Es ist unheimlich eng, Kleinigkeiten machen den Unterschied. Das wird ein langes Jahr“, sagte der 24-Jährige, ehe er die Flucht vor der Webber-Sause auf der Dachterrasse antrat. „Ich hatte keine Lust auf Baden und außerdem keine Ersatzklamotten dabei.“