Red Bull bestreitet Plan für Regelbruch
London (dpa) - Die Nachwirkungen des milden Urteils gegen Mercedes in der Reifentest-Affäre vergiften vor dem Rennen in Silverstone das Klima in der Formel 1.
Sechs Tage vor dem Großbritannien-Gastspiel sorgte ein Bericht der „Times“ für Wirbel, wonach Sebastian Vettels erbostes Red-Bull-Team eigene Privat-Testfahrten und damit einen absichtlichen Regelverstoß erwägt. Die Teamführung habe Chefvermarkter Bernie Ecclestone signalisiert, dass man dafür das Risiko einer ansonsten folgenlosen Verwarnung in Kauf nehmen würde.
Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko dementierte via „Sport Bild online“ zwar umgehend und beteuerte: „Wir begehen natürlich keinen Regelbruch.“ Teamchef Christian Horner, der den Prozess gegen Mercedes in der Vorwoche überraschend selbst als Beobachter verfolgt hatte, soll dagegen noch immer schwer verstimmt über den Ausgang des Verfahrens sein.
Mercedes war vom Internationalen Tribunal des Weltverbands FIA wegen seiner dreitägigen Reifentests mit Lieferant Pirelli verwarnt und vom sogenannten „Young Drivers Test“ in Silverstone vom 17. bis 19. Juli ausgeschlossen worden. Die Konkurrenten Ferrari und Red Bull betrachten diese Strafe als viel zu niedrig. Beide Teams hatten mit ihrer Anzeige das Verfahren ausgelöst. Aus ihrer Sicht hat Mercedes durch die erst später bekannt gewordenen Tests mit den beiden Stammpiloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton im aktuellen Auto in Barcelona einen großen Vorteil gezogen.
Das Silberpfeil-Team bestreitet dies. Eigentlich sind Testfahrten während der Saison bis auf eng begrenzte Ausnahmen verboten. Mercedes beteuert jedoch, dass das Team sich für die insgesamt 1000 Kilometer langen Proberunden allein als Dienstleister für Pirelli zur Verfügung gestellt habe und selbst keine wertvollen Erkenntnisse daraus ziehen konnte. Die FIA wertete die Tests trotzdem als Verstoß gegen das Regelwerk und den Sportkodex, verzichtete jedoch auf einen Punktabzug und eine Geldstrafe. Der Vettel-Vertraute Marko bezeichnete das Urteil als „Frechheit“.
Aus Sicht der Red-Bull-Führung haben Proberunden mit den Stammfahrern einen viel größeren Wert als der Nachwuchstest in Silverstone. Dort könne man kaum etwas ausprobieren, befand auch Marko. „Da sitzen Fahrer am Steuer, die die Formel 1 erst noch lernen müssen. Mercedes dagegen ist drei Tage mit seinen Stammpiloten gefahren“, grantelte der Österreicher.
Auch aus Sicht von Ferrari kommt Mercedes „praktisch ungeschoren“ davon, wie es in einem Blog der Scuderia hieß. Der „Times“ zufolge diskutiert die Ferrari-Spitze ebenfalls über eine Reaktion auf das Urteil. Die Wut auf die FIA sei auch in Maranello groß, hieß es. Allerdings hatte auch Ferrari im Vorjahr und in dieser Saison je einmal unter der Aufsicht von Pirelli getestet, aber jeweils mit einem zwei Jahre alten Auto. Dies hatte die FIA für zulässig erklärt.
Schon in dieser Woche treffen sich die Kontrahenten zum Grand Prix in Silverstone an der Rennstrecke wieder. Bei den zahlreichen Medienterminen im Vorfeld dürfte die Debatte erneut hochkochen.