Red Bull-Verfolger Lotus und Ferrari ledern los
Berlin (dpa) - Im Dauerzoff um die Reifen in der Formel 1 verhärten sich die Fronten gegen die Nörgler von Red Bull. Ohne Namen zu nennen, lästerte Ferraris gefürchteter Pferdeflüsterer: „Es sind schwere Zeiten für Leute mit schlechtem Erinnerungsvermögen.“
Tunlichst vermied es der unbekannte Kolumnenschreiber der Scuderia, Red Bull oder Sebastian Vettel explizit zu erwähnen. Dennoch war klar, an wessen Adresse die bissigen Kommentare gerichtet waren.
„Heute muss man sich ja fast schämen, wenn man eine Strategie ausgewählt hat, um wie immer das Beste aus dem Paket, das man zur Verfügung hat, rauszuholen“, schrieb der „Horse Whisperer“ - abgeleitet vom „springenden Pferd“ als Markenzeichen von Ferrari. „Es ist frustrierend, wenn du ein Auto entwickelt hast für Reifen, die für alle die gleichen sind, und dann bekommst du mitten in der Saison gesagt, dass sie verändert werden“, kritisierte Lotus-Teamchef Eric Boullier in einem Interview auf der Homepage seines Rennstalls.
Noch immer dreht sich alles um die Reifen. Nach der abermals scharfen Kritik von Vettel und Red Bull an den Pneus will Pirelli beim übernächsten Rennen in Kanada neue Gummis liefern. Vettel hatte den überarbeiteten harten Reifen nach dem Spanien-Lauf als „Griff ins Klo“ bezeichnet. „Das hat nichts mehr mit Rennsport zu tun, das wurde ein Wettbewerb im Reifenmanagement“, hatte Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz nachgelegt. Auch Mercedes' Teamaufsichtsrat Niki Lauda hatte die schnell abbauenden Reifen scharf kritisiert.
Ferrari erinnerte nun daran, dass sich so viel eigentlich gar nicht geändert hat. Nur die, die jetzt laut aufschreien, hätten bei identischer Zahl der Boxenstopps vor zwei Jahren in Spanien nichts zu monieren gehabt. Auch hier galt: Red Bull wurde nicht genannt, da facto siegte Vettel aber 2011 auf dem Circuit de Catalunya mit vier Stopps. Auch vor einem Jahr kam er viermal an die Garage, wurde damals aber nur Sechster.
Vor gut anderthalb Wochen hatte Vettel beim überlegenen Sieg von Ferrari-Star Fernando Alonso (vier Stopps) als Vierter das Podest verpasst. Sein Vorsprung auf den Spanien-Zweiten Kimi Räikkönen schrumpfte in der WM-Wertung auf vier Zähler. Der Finne kam mit seinem Lotus mit drei Stopps hin.
Entsprechend angesäuert reagiert das Red-Bull-Verfolgerteam schon jetzt auf die bevorstehenden neuen Reifen. „Es gibt nicht viele Sportarten, in denen solche fundamentale Veränderungen mitten in einer Saison vorgenommen werden“, betonte Teamchef Boullier. „Stellen sich doch mal vor, die Maße eines Fußballplatzes würden in der Halbzeit geändert, weil die eine Mannschaft nicht so schnell laufen kann wie die andere.“ Er hofft wenigstens, dass die Änderungen nicht „zu extrem“ ausfallen.