Stefan Bradl: „ Ich werde noch länger Lernender sein“
Doha (dpa) - Motorrad-Pilot Stefan Bradl rechnet nach seinem Aufstieg in die Eliteklasse nicht mit schnellen Erfolgen. „Man braucht Zeit, um die Maschine zu beherrschen“, sagte der Rennfahrer im Interview der Nachrichtenagentur dpa vor dem Saisonstart der MotoGP am Sonntag in Katar.
Herr Bradl, Sie sind Motorrad-Weltmeister aber gleichzeitig Neuling. Was hat sich seit November 2011 und ihrem Titelgewinn alles verändert?
Stefan Bradl: „Es war ein extrem kurzer Winter. Nach dem Titelgewinn war viel Trubel, es gab viele Feiern und Ehrungen. Das alles hat mächtig Spaß gemacht. Aber dann begannen auch schon die Vorbereitungen für die neue Saison. Neu für mich ist, dass ich immer öfter erkannt und auf der Straße angesprochen werde. Im Auto habe ich auch immer Autogrammkarten dabei, die sind auch über die Fanpost sehr gefragt. Aber Stalker bei mir daheim in Zahling, so wie sie eine Magdalena Neuner mal beklagte, gibt's zum Glück nicht.“
Sie fahren nun in der Königsklasse, haben dafür einmal mehr in ihrer Karriere das Team gewechselt. Ihr Teamchef Lucio Cecchinello ist Italiener, zuvor waren sie bei deutschen und spanischen Teams unter Vertrag. Was unterscheidet LCR von den anderen?
Bradl: „LCR ist das Team mit der größten Professionalität. Das ist schon deshalb so, weil hier das Werk dahinter steht. Ich habe jetzt zwei Maschinen, es gibt viel mehr Leute, die sich um alles kümmern. Die Organisation ist nahezu perfekt. Der größte Unterschied ist aber wohl die Struktur generell.“
Wie gut ist mittlerweile ihr italienisch?
Bradl: „Es ist gar nicht so schlecht, aber fließend kann ich es noch nicht. Ich interessiere mich für Sprachen und es fällt mir leicht, sie schnell aufzunehmen, ohne sie explizit lernen zu müssen. Aber im Team wird in erster Linie englisch gesprochen, das war auch vorher schon der Fall.“
Es gab für die MotoGP-Teams drei dreitägige Testphasen. Reichten die, um sich an das neue, viel stärkere Motorrad zu gewöhnen und was fiel Ihnen dabei besonders schwer?
Bradl: „Ich musste meinen Fahrstil komplett ändern, das verlangt die Leistung der Maschine. Es gab viele neue Herausforderungen. Besonders schwierig war der Umgang mit der Elektronik. Die zu nutzen war hart. Auf schnellen Runden habe ich anfangs viel Zeit verloren, weil ich mit den vielen Knöpfen nicht klar kam. Aber das hat sich mittlerweile gelegt. Ich wusste, dass nichts unmöglich ist. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich nicht nur ein Lernender war, sondern ich werde noch länger ein Lernender sein. Es braucht seine Zeit, in dieser Klasse Fuß zu fassen.“
Würden Sie sagen, dass die drei Testzeiten für Sie als Neuling gereicht haben, um die 1000er Honda richtig zu beherrschen?
Bradl: „Normalerweise gibt es für Rookies noch eine zusätzliche Testzeit. Die ist aber ausgefallen. Ich denke aber, ich habe in der Zeit, die ich hatte, einen guten Job gemacht. Ich habe viel gelernt, bin immer schneller geworden. All das nehme ich mit in die ersten Rennen, die für mich weitere Tests sind.“
Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Ihrem vorjährigen Kiefer-Team, nachdem die Trennung ja nicht ganz störungsfrei verlaufen ist?
Bradl: „Wir haben uns beim Jerez-Test getroffen. Da bin ich in die Box, wir haben uns begrüßt, es war eigentlich wie immer. Abends haben wir noch zusammengesessen und geplaudert. Mit Max Neukirchner als meinem Nachfolger im Team hatte ich wenig Kontakt. Ich hoffe aber, er kann sich schnell stabilisieren und verbessern.“
Wie viel Respekt muss man der MotoGP-Maschine entgegenbringen und ab wann sind Sie zufrieden?
Bradl: „Eine MotoGP-Maschine ist genauso gefährlich wie ein Moto2-Motorrad. Man muss fit sein und kann nicht einfach draufspringen und denken, man kann es. Man braucht Zeit, um die Maschine zu beherrschen. Zufrieden bin ich, wenn ich vom Motorrad steige und weiß, ich habe mein Bestes gegeben. Das hat nicht unbedingt etwas mit Platz oder Zeit zu tun, sondern ich muss mich so einschätzen, dass aus dem Vorhandenen nicht mehr zu machen war. So gehe ich auch hier in Katar heran.“