Vettel auch von Schumacher geschlagen - McLaren top
Melbourne (dpa) - Spannender ging es kaum. Für Sebastian Vettel hätte es aber in der ersten Qualifikation der neuen Formel-1-Saison besser laufen können. Der Titelverteidiger startet nur von Platz sechs in Melbourne.
Für Furore sorgte Michael Schumacher. Auch wenn die Pole an Lewis Hamilton ging.
Schumacher hat zum Saisonauftakt in down under die deutsche Formel-1-Hierarchie erst einmal auf den Kopf gestellt. Während Titelverteidiger Vettel im Red Bull am Sonntag als Sechster erstmals nach 24 Rennen nicht aus den beiden vorderen Reihen starten darf, bejubelte Schumacher die beste Qualifikation seit seiner Rückkehr in die Königsklasse des Motorsports. Der 43-Jährige schaffte es im Albert Park von Melbourne auf den vierten Rang.
Die erste Pole des Jahres für den Großen Preis von Australien schnappte sich Hamilton. Der Ex-Champion und sein McLaren-Teamkollege Jenson Button auf Rang zwei machten ihre Ambitionen auf den Titel gleich zu Beginn deutlich. „Heute haben wir gezeigt, dass wir nicht nur das schönste Auto in der Formel 1 haben, sondern auch das schnellste“, sagte Button in Anspielung auf die Höckernasen der Konkurrenz und das geschwungene Design seines MP4-27. Für die nicht ganz unerwartete Überraschung des Tages sorgte Rückkehrer Romain Grosjean. Der GP2-Meister der vergangenen Saison wurde Dritter.
Direkt dahinter führte Schumacher erstmals seit seinem Mercedes-Engagement ein deutsches Quartett in den Top Ten an. Teamkollege Nico Rosberg wurde im zweiten Mercedes Siebter und Nico Hülkenberg nach einem Jahr Rennpause im Sahara Force India Neunter. Timo Glock schaffte es im Marussia auf Platz 21.
Vorne mischte Schumacher richtig mit. „Jeder von uns hat Red Bull vorn gesehen, jetzt stehen die hinter uns, das ist natürlich sehr überraschend“, meinte der siebenmalige Weltmeister. Er hatte auch noch Vettels australischen Stallkollegen Mark Webber bei dessen Heimspiel auf Rang fünf verwiesen. „Seb fand das nicht ganz so witzig“, meinte Schumacher zum deutschen Duell. Allerdings schauten sich die beiden nach dem Quali-Ende gemeinsam im sogenannten Parc fermé ebenso einträchtig wie neugierig die Wagen der Konkurrenz genauer an.
Für Vettel kam der starke Auftritt von Kumpel Schumacher im Silberpfeil ohnehin nicht überraschend. „Wenn man das ganze Wochenende betrachtet, kann man sehen, dass Mercedes aufgeschlossen hat. Ich war überrascht, dass Nico nicht noch vorn reingefahren ist“, sagte er.
Zufrieden mit seiner eigenen Leistung im entscheidenden Durchgang auf dem 5,303 Kilometer langen Straßenkurs war der 24 Jahre alte Heppenheimer nicht. „Aus der letzten Runde hätte ich noch etwas mehr herausquetschen können und zwei Plätze weiter vorn stehen können.“ An McLaren wäre wohl aber keiner rangekommen, meinte Vettel. Einen Grund, in Panik auszubrechen gebe es aber nicht, betonte der Heppenheimer, als er seinen Auftritt und die vorerst neue Hierarchie im Motorhome ausgesprochen sachlich und nüchtern analysierte. Vettel haderte wie schon am Vortag nach dem Training mit der Balance des Wagens. „Sebastian hat scheinbar nie den richtigen Speed mit dem Auto gefunden“, meinte Teamchef Christian Horner.
Im Gegensatz zu Red Bull war es bei Mercedes bei allen Trainingseinheiten vor dem ersten von 20 Saisonrennen schon äußerst rund gelaufen. Offensichtlich hat das aber auch den Argwohn der Konkurrenz hervorgerufen oder verstärkt. Angeblich denken Red Bull und Lotus über einen Protest nach. Es geht um eine F-Schachtvariante an den Silberpfeilen. Renndirektor Charlie Whiting hatte diese am Donnerstag allerdings bereits für legal erklärt, nachdem Mercedes laut Teamchef Ross Brawn den Wagen am Mittwoch von sich aus der FIA präsentiert hatte.
McLaren, das die Motoren von Mercedes bezieht, gehört demnach nicht zu den potenziellen Protestlern. Ohnehin waren Hamilton und Button zunächst das Maß der Dinge. „Das ist ein unglaubliches Gefühl“, schwärmte Hamilton. „Das ist erst der Anfang“, meinte Button. Beiden gewannen schon mal in Australien, jeweils von Pole aus. Und beide Male wurden sie - Hamilton 2008 und Button 2009 - am Jahresende Weltmeister.
Nicht mal träumen darf unterdessen Ferrari vom Titel in diesem Jahr. Die Scuderia erlebte ein Desaster. Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso kam im zweiten Qualifikationsdurchgang von der Strecke ab und blieb im Kies stecken. Er wurde Zwölfter. Teamkollege Felipe Massa gar nur 16.. Enttäuschend auch der Auftritt von Ex-Ferrari-Weltmeister Kimi Räikkönen im Lotus. Er wurde nach zwei Jahren Formel-1-Abstinenz 18. „Das lief nicht ganz so wie geplant heute“, meinte der Champion von 2007.
Das sagte sich auch das spanische HRT-Team. Die beiden Piloten Pedro de la Rosa und Narain Karthikeyan blieben nicht innerhalb der 107-Prozentregel. Sprich: Sie waren noch langsamer als 107 Prozent der Richtzeit von Pole-Mann Hamilton. Die Bitte, dennoch an den Start gehen zu dürfen, lehnten den Rennkommissare des Internationalen Automobilverbandes ab. Damit starten statt 24 nur 22 Wagen am Sonntag.