Vettel gegen skrupellose Ferraristi zum Showdown
Austin (dpa) - Das Weltmeisterfoto auf der Zielgeraden von Austin war für Sebastian Vettel nur die Generalprobe für den Finalthriller in Brasilien.
Den dritten Formel-1-Mannschaftstitel durften er und seine Red-Bull-Crew schon mit dem Schnappschuss vor der Boxenmauer in Texas feiern, doch für seinen persönlichen WM-Hattrick muss der 25-Jährige in Sao Paulo noch einmal gegen Fernando Alonso und das skrupellose Ferrari-Team bestehen. „Volle Kraft voraus“, befahl Vettel zum Start in die entscheidende Woche. Aber in seinem Auto hat der WM-Spitzenreiter eine „tickende Zeitbombe“.
Das 13-Punkte-Polster nach Platz zwei in den USA hinter Lewis Hamilton ist für den Hessen auch wegen der neuerlichen Sorgen um die anfällige Lichtmaschine seines Red Bull kein Ruhekissen. „Es kann alles passieren“, warnte Vettel. Spätestens seit Austin weiß er, dass Ferrari im Kampf um die Krone zu fast allem bereit ist. Das zeigte die von der Scuderia provozierte Strafe für Alonsos Teamkollegen Felipe Massa, um den Spanier am Start nach vorn zu bringen. „Ich bin stolz auf diese Entscheidung“, beteuerte Alonso.
Der Vorteil aber bleibt bei Vettel, dem in Interlagos schon ein vierter Platz zum dritten Triumph in Serie genügt. „Ich denke, man sollte auf Sebastian wetten“, sagte Chefvermarkter Bernie Ecclestone und fügte hinzu: „Sebastian verdient den Titel vielleicht etwas mehr. Er hat eben bis jetzt mehr Punkte geholt.“ Vor dem Motorhome rief der 82-Jährige dann noch Red-Bull-Designguru Adrian Newey zu: „In Brasilien gibt es keine Ausreden.“
Auch die internationalen Beobachter setzen weiter auf den Titelverteidiger. „Vettel steht kurz vor der Krönung“, urteilte „Le Figaro“. „Er hat eine Hand im Handschuh am Titel“, schrieb die „Daily Mail“.
Alonso aber ist ein Gegner der Extraklasse, der sich einfach nicht abschütteln lässt. „In Fernando Alonsos Charakter ragt über alles diese Tugend heraus: Er ist ein Felsen und gibt nie auf“, schwärmte die spanische Zeitung „ABC“. Nach der kontrollierten Fahrt von Startplatz sieben auf Rang drei in Austin ging der Asturier sofort wieder zum verbalen Angriff über. „Auf dem Papier liegt unsere Chance vielleicht nur bei 25 Prozent. Aber tief in mir spüre ich, dass es viel mehr ist“, verkündete der 31-Jährige.
Bis tief in die Grauzone hatte Ferrari das Reglement zuvor ausgereizt, als mutwillig ein Siegel am Getriebe des treuen Massa gebrochen wurde und der Brasilianer so am Start hinter Alonso rücken musste. „Ferraris Trick hätte jeder angewandt, wenn ein WM-Titel auf dem Spiel steht“, erteilte die „Gazzetta dello Sport“ der Scuderia Absolution. Vettels Lehre aus dem fiesen Trick, den Ferrari bemerkenswert offen und ohne schlechtes Gewissen einräumte: „Was die anderen machen, liegt nicht in unseren Händen. Wir müssen uns auf jeden einzelnen Schritt konzentrieren.“
Restzweifel sind in der Tat angebracht. In einer Saison mit reichlich irren Wendungen ist eine letzte Pointe zu Vettels Ungunsten keineswegs ausgeschlossen. „Ich habe das ganze Jahr gesagt, es wird bis Brasilien offen bleiben. Leider hatte ich recht“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner etwas unsicher.
Der erneute Lichtmaschinen-Schaden am Auto von Teamkollege Mark Webber könnte ein böses Omen sein. „Das macht uns schon Sorgen“, bekannte Horner. Vettel brachte das gleiche Problem in dieser Saison schon zweimal um viele Punkte. „Es ist eine tickende Zeitbombe. Du weißt nicht, wann das Ding streikt“, meinte Technik-Direktor Newey. Genau auf so etwas spekuliert Alonso. „Wir haben doch wieder gesehen, wie wichtig Zuverlässigkeit ist, oder?“, höhnte der WM-Zweite.
Zuversicht kann Alonso auch aus der Erfahrung des WM-Finales 2010 ziehen. Damals war er es, der sogar mit 15 Punkten Vorsprung auf Vettel ins Finale zog - und doch noch verlor. „Wir sind lang genug dabei, um zu wissen, wie schnell sich die Dinge ändern können“, mahnte Vettel vor dem finalen Kraftakt. Schließlich will er am Sonntag in Brasilien wieder für ein Weltmeisterfoto posieren.