Nur wenig Lehren aus der Schwimm-EM
London (dpa) - Von der reinen Statistik her war diese Schwimm-EM aus deutscher Sicht kein Erfolg. Zum zweiten Mal seit der Wiedervereinigung gab es nur einen Sieg im 50-Meter-Becken.
Marco Koch gewann Silber und Franziska Hentke schwamm über 200 Meter Schmetterling zum Sieg - das war es dann mit deutschen Finalplatzierungen, die der Nachwuchs durchgehend verpasste. Abgerechnet wird aber erst bei den Olympischen Spielen in Rio (5. bis 21. August).
War es richtig, die EM bis auf Marco Koch und Franziska Hentke größtenteils mit deutschen Nachwuchsschwimmern zu besetzen?
Das wird letztendlich Olympia vom 5. August an in Rio zeigen. 2012 starteten Ungarn und Deutsche im Gegensatz zur Konkurrenz die EM mit ihren besten Teams, waren erfolgreich - und schwächelten dann bei den Spielen in London. Diesmal steht wie auch schon 2008 Olympia über allem: Auch Koch und Hentke bereiteten diese EM nicht speziell vor und bestritten ihre Rennen aus dem Training heraus. Zudem lag der EM-Termin trainingsmethodisch ungünstig nur zwei Wochen nach den deutschen Meisterschaften, die wegen der TV-Übertragung von April auf Anfang Mai verlegt worden waren.
2012 erlebten deutsche Schwimmer ihr größtes Olympia-Debakel seit 80 Jahren. Was macht Hoffnung, dass es in Rio besser wird?
Hinter den Medaillenhoffnungen Koch, Paul Biedermann und auch Hentke gibt es inzwischen mehrere Schwimmer, die zumindest Finalkandidaten sind. Bei der WM 2015 überzeugten bereits junge Kräfte wie Alexandra Wenk oder Jacob Heidtmann. Für die angepeilten mindestens zwei Medaillen müssen aber die arrivierten Kräfte sorgen. Und es darf keine unerwarteten Ausfälle geben.
Wie präsentierte sich bei der EM die internationale Konkurrenz?
Teils bärenstark. Die Briten mit Doppel-Europameister Adam Peaty vorweg verzückten das Heimpublikum, Ungarn und Italiener nutzten diese EM teils als ihre Olympia-Qualifikation. Das Grundniveau der erfolgreichsten Schwimmerinnen Katinka Hosszu und Sarah Sjöström oder auch von Ungarns Urgestein Laszlo Cseh ist so hoch, dass sie Klasse-Zeiten auch aus dem Training heraus bieten. Das gelingt den meisten Deutschen nicht.
Was gibt es Neues zum Dauerthema Doping?
Noch ist unklar, ob unter den 31 positiven Nachtests der Olympischen Spiele 2008 auch Schwimmer sind. Die Nachtests von London 2012 stehen noch aus. Die Suspendierung von Weltmeisterin Julija Jefimowa wegen Meldonium-Missbrauchs wurde aufgehoben, der Sportgerichtshof CAS wird wohl ein Grundsatzurteil über den Umgang mit der sei Jahresbeginn verbotenen Substanz fällen müssen. Der Weltverband FINA betonte, dass der Dopingfall Jefimowas mit der aufgehobenen Suspendierung nicht abgeschlossen sei.
Was passiert bis Olympia?
Bis auf Weltmeister Koch und Weltrekordler Paul Biedermann müssen die deutschen Schwimmer für ihr Rio-Ticket ihre Zeiten der deutschen Meisterschaften bei einem Überprüfungswettkampf bestätigen: Entweder bei der international stark besetzten Mare-Nostrum-Tour Anfang Juni oder den German Open in Berlin Anfang Juli. Davor und danach liegen Trainingslager, teils auf Meeresniveau, teils in der Höhe. Im gemeinsamen Training im brasilianischen Florianopolis ab Mitte Juli sollen sich die Athleten an das Klima und die späten Wettkampfzeiten mit Finals bis Mitternacht Ortszeit gewöhnen.