Letzter Wettkampf Olympiasieger Hambüchen beendet endgültig Turnkarriere

Ludwigsburg (dpa) - Es war ein Abschied auf Raten. Am Ende aber kam es nicht mehr völlig überraschend, dass Fabian Hambüchen vor dem Finale der Deutschen Turnliga seinen endgültigen Abschied vom Leistungssport verkündet hat.

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„Es ist die richtige Entscheidung und der richtige Zeitpunkt“, sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Natürlich wird es emotional und es wird ein ganz besonderer Tag. Ob da jetzt Tränen kommen, das kann man nicht vorhersagen. Ich bin keiner, der auf Knopfdruck heulen kann.“ Über den Rücktritt hatte zuerst die „Bild“ berichtet.

Für den letzten Wettkampf am Samstag (18.00 Uhr) in Ludwigsburg hat Hambüchen noch einmal eine Großtat ankündigte: „Wenn alles klappt, dann turne ich eine schwerere Übung als in Rio.“ Deshalb hat sich der von seinem Vater Wolfgang trainierte der 30-Jährige für den letzten Akt der grandiosen Karriere an dem eigens aus Brasilien gelieferten Gold-Reck in der Wetzlarer Turnhalle noch einmal akribisch vorbereitet.

Auch nach dem endgültigen Karriereende will Deutschlands Sportler des Jahres der hessischen Heimat treu bleiben: „Mein Vater geht in zweieinhalb Jahren in Rente hier in Wetzlar. Wenn ich mein Haus hier gebaut habe und mich vielleicht auch ein bisschen niederlassen möchte, kann ich mir schon vorstellen, auch hier in seine Fußstapfen zu treten.“

Bereits nach seinem sportlichen Höhepunkt, der Goldmedaille am Reck bei den Olympischen Spielen von Rio 2016, hatte der Reck-Weltmeister von 2007 und zweifache „Sportler des Jahres“ seinen Rückzug von der internationalen Bühne bekanntgegeben. Danach hatte er sich neben dem Sportstudium turnerisch nur noch seiner alten Liebe gewidmet: der KTV Obere Lahn.

Die Mittelhessen aus Biedenkopf, ursprünglich in der Bundesliga von den Etablierten noch als „Spaßtruppe“ belächelt, sind mit dem deutschen Vorturner in der Zwischenzeit zu einem ernstzunehmenden Top-Team gereift. Neben Hambüchen gehen dort auch Mehrkampfmeister Lukas Dauser und Nachwuchshoffnung Nick Klessing an die Geräte.

Die Bundesliga würdigte ihr Aushängeschild. „Ein Mann, der das Turnen in Gesamtdeutschland geprägt hat wie keiner vor ihm. Aber auch einer, der den Sport kritisch, mit offenen Worten und Mahnungen begleitet hat. Er hat sich immer getraut, bei den Verbänden den Finger wieder und wieder in die Wunde zu legen“, sagte Liga-Präsident Jens-Uwe Kunze.

Vor wenigen Wochen hat Hambüchen seine zweite Autobiografie veröffentlicht. Auch wenn es um die Rechte von Sportlern ging, hatte sich der gebürtige Wetzlarer immer wieder in die Diskussion eingemischt. Selbst der bis dahin weithin öffentlich unbekannten Supraspinatus-Sehne verhalf der 30-Jährige zu einem deutlich erhöhten Bekanntheitsgrad. Die hatte er sich im Februar vor den Spielen von Rio gerissen. Unter Schmerzen trainierte und turnte er sich dennoch bis ins Finale, holte Gold und ließ sich anschließend sein Sieger-Reck nach Hause schicken.

Nach dem allerletzten Auftritt als Turner wird sich Hambüchen ausprobieren. Für den TV-Sender Eurosport wird er bei den Winterspielen in Südkorea arbeiten. Trotz der politischen Spannungen dort hat er keine Angst, „auf gar keinen Fall. Ich bin positiv aufgeregt, gespannt, wie Olympische Winterspiele sind im Vergleich zu den Sommerspielen.“

Hambüchen will sich nun „auch einfach mal die Zeit nehmen, um zu schauen, was liegt mir nachher, wo geht mein Herz drin auf. Wo finde ich noch einmal so eine Inspiration, wie die ganzen Jahre im Turnen. Und dann wird sich daraus der richtige Job ergeben.“

Doch Hambüchen wäre nicht er selbst, ließe er die Turn-Tür nicht doch noch einen Spalt geöffnet - und damit seine große Fangemeinde auf einen Start bei der Heim-WM in Stuttgart zwei Jahren hoffen. „Keine Wettkämpfe, reduziertes Turntraining, und deswegen sehe ich kein Comeback 2019“, hatte er dem Südwestrundfunk (SWR) gesagt. „Ich entscheide jetzt nicht, die aktive Karriere zu beenden mit dem Hintergedanken, ja, ich mache auf jeden Fall ein Comeback. Dann kann ich auch weiterturnen.“