Prokop zur Erfurter Blut-Affäre: „Bizarres Schauspiel“
Düsseldorf (dpa) - Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) hat den Umgang mit der Erfurter Blutmanipulations-Affäre und die Rolle der Welt-Anti-Doping Agentur (WADA) in diesem Fall scharf kritisiert.
„Ich will nicht verhehlen, dass ich unzufrieden bin, wie die Vorgänge in Erfurt gehandhabt werden“, sagte DLV-Chef Clemens Prokop am Rande des „SportsMedia Summits“ in Düsseldorf der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist ein bizarres Schauspiel, das wir erleben.“ Dazu gehörten die verwirrenden Erklärungen der WADA, ob die umstrittene UV-Bestrahlung von Athletenblut auch vor dem 1. Januar 2011 verboten gewesen sei.
„Die Stellungnahmen der WADA sind juristisch völlig unbedeutend“, erklärte der Direktor des Amtsgerichts in Regensburg. „Die WADA ist dazu da, den WADA-Code zu erstellen und nicht Rechtsfragen, die sich aus dem Kodex ergeben, zu interpretieren.“ Dies wäre genauso, „als wenn der Deutsche Bundestag den Gerichten erklärte, wie die von ihm erlassenen Gesetze zu interpretieren sind“. Prokop zeigte sich zudem verwundert, dass die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) sich so stark an der WADA-Stellungnahme orientiere: „Das sind Rechtsfragen, die sind in Deutschland zu klären.“
Kritik übte Prokop auch an den zögerlichen Ermittlungen der Erfurter Staatsanwaltschaft in der Causa Erfurt. „Sie ermittelt schon lange, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Dabei ist der Sachverhalt eigentlich geklärt“, sagte er. Aus Sicht der Sportler sei es unverzichtbar, dass eine schnelle, verbindliche Entscheidung getroffen werde. „Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit des Anti-Doping-Kampfes“, so Prokop.
Am Olympiastützpunkt Thüringen in Erfurt soll der Sportmediziner Andreas Franke das Blut von rund 30 Sportlern - darunter auch Leichtathleten - einer unzulässigen UV-Bestrahlung unterzogen und dann reinfundiert haben - angeblich, um Infekten vorzubeugen. Erst gegen zwei der 30 Athleten hat die NADA Verfahren eingeleitet. Beide möglichen Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen beziehen sich auf die Zeit nach dem 1. Januar 2011. Ein von der NADA in Auftrag gegebenes Gutachten soll im Gegensatz zur WADA-Expertise zu dem Schluss gekommen sein, dass die UV-Bestrahlung bereits vor 2011 nach dem WADA-Kodex verboten gewesen sei.