Cavendish schlägt Kittel und Greipel - Contador gestürzt
Utah Beach (dpa) - Radprofi Mark Cavendish hat die Hoffnungen der deutschen Topsprinter auf das Gelbe Trikot zum Tour-Auftakt mit seinem Sieg in Utah Beach brutal zerstört.
Die geschlagenen Topfavoriten André Greipel und Marel Kittel schlichen im Ziel der Auftakt-Etappe der 103. Tour de France in Utah Beach wie begossene Pudel zur Doping-Kontrolle. „Ich wusste vorher, dass noch 20 andere Etappen kommen. Aber natürlich ist es sehr schade. Es war sehr knapp, aber ich glaube, ich habe fair und ehrlich verloren“, sagte ein enttäuschter Kittel. Mark Cavendish war dagegen mit seiner kleinen Tochter am Samstag auf dem Podium am Strand des Ärmelkanals der glücklichste Radprofi der Welt.
Zu den großen Verlierern neben Greipel und Kittel gehörte auch Alberto Contador. Der Spanier war 79 Kilometer vor dem Ziel an einer Verkehrsinsel gestürzt, und verletzte sich an der Schulter und am Becken. Er verlor durch den Sturz von Edvald Boasson-Hagen und weiteren Profis auf der Zielgeraden zwar 55 Sekunden auf den Tagessieger. Die Jury entschied dann aber, keine Rückstände zu werten. Das traf auch auf die anderen beiden Favoriten, Vorjahressieger Chris Froome und Nairo Quintana, zu, die im hektischen Finale ebenfalls Zeit eingebüßt hatten.
Trotzdem ist der dritte Toursieg des angeschlagenen Contador schon nach der ersten Etappe so gut wie außer Reichweite. „Das ist nicht gerade der beste Auftakt. Hoffentlich komme ich gut durch die nächsten Tage und kann mich bis zu den Bergen erholen“, sagte der zweifache Tour-Triumphator.
„Eine Etappe zu gewinnen ist unglaublich, das wird morgen ein ganz besonderer Tag in Gelb. Es gibt keinen besseren Ort, das zu erreichen, als Utah-Beach, wo die Soldaten für uns gestorben sind“, sagte Cavendish, der seine Premiere im „Maillot Jaune“ feierte und in Rio auch auf der Olympia-Bahn Großes vorhat.
„Jetzt kann er wieder ein Ziel abhaken, fehlt eigentlich nur noch Gold in Rio“, sagte Cavendishs Teamchef Rolf Aldag. Cavendish feierte in Utah Beach seinen 27. Etappensieg bei der Tour und untermauerte seinen Rekord, in Bezug auf Tagessiege der erfolgreichste noch aktive Rennfahrer zu sein.
Cavendish zerstörte die Hoffnungen der deutschen Topsprinter auf das Gelbe Trikot zum Auftakt brutal. Der Ex-Weltmeister aus Großbritannien gewann am Samstag die 1. Etappe auf geschichtsträchtigem Boden, wo die Alliierten 1944 das Ende des Zweiten Weltkrieges eingeleitet hatten, vor Kittel und Weltmeister Peter Sagan. Der 33 Jahre alte Greipel, der weiter auf das erstes Gelbes Trikot seiner Karriere wartet, wurde nach 188 Kilometern Vierter. Frustriert verschwand er im Teambus.
Sein Team Lotto-Soudal und Kittels Equipe Etixx-Quickstep kämpften die letzten Kilometer auf der langen Zielgeraden mit etwa Tempo 70 Kopf an Kopf. Cavendish mogelte sich ein wenig dazwischen und düpierte die beiden deutschen Topfavoriten. Ein Sturz etwa 800 Meter vor dem Ziel, in den auch Cavendishs Teamkollege Edvald Boasson-Hagen verwickelt war, brachte die Sprinter etwas aus dem Konzept. Aber die ersten etwa 20 Fahrer waren von den Turbulenzen nicht betroffen.
Paul Voß durfte am Samstag als einziger deutscher Radprofi auf das Podium. Der 30 Jahre alte Rostocker vom Zweitliga-Team Bora-Argon 18 gewann als Ausreißer die beiden einzigen Bergwertungen des Tages und holte sich damit das erste rot-weiß-gepunktete Bergtrikot.
Im kommenden Jahr will seine Mannschaft, diesmal zum dritten Mal mit einer Wildcard am Start, mit deutlich gesteigertem Etat in der Eliteliga WorldTour mitmischen. „Der Coup war geplant, wir werden versuchen, das Trikot so lange wie möglich zu verteidigen“, sagte Bora-Teamchef Ralph Denk zum Voß-Vorstoß.
Der erste Tourtag endete in Utah Beach mit einer Gedenkminute. Cavendish in seinem Gelben Trikot, der dreifache deutsche Meister Greipel in seinem Schwarz-Rot-Gold-Trikot und weitere Radprofis aus den USA, Belgien, Frankreich und Kanada legten eine Rose am Krieger-Denkmal der Kirche Sainte-Marie-du-Mont nieder. Zu den Ehrengästen der Tour gehörte am Samstag auch der Düsseldorfer Bürgermeister Thomas Geisel, dessen Stadt 2017 den Grand Départ der Frankreich-Rundfahrt ausrichten wird.