Degenkolb hofft auf Coup in der „Hölle“

Compiegne (dpa) - 253,5 Kilometer durch die „Hölle des Nordens“ und am Ende wartet zur Belohnung nur ein Pflasterstein als Siegerpokal. Für John Degenkolb ist es trotzdem Anreiz genug.

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Der zum 113. Mal ausgetragene Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix, der diesmal 27 gefürchtete „Pavés“-Sektoren auf 57,5 Kilometern beinhaltet, ist sein Lieblingsrennen. Im Vorjahr belegte er Platz zwei und schrammte knapp am ersten deutschen Sieg seit dem Premierenerfolg von Josef Fischer im Jahre 1896 vorbei. Neben Degenkolb stehen weitere Radprofis im Blickpunkt. Wie etwa Ex-Toursieger Bradley Wiggins, der seine Straßenradkarriere in Roubaix beendet oder der Norweger Alexander Kristoff, der sechs Siege in neun Tagen einfuhr.

DIE DEUTSCHE HOFFNUNG: Für John Degenkolb wäre es ein Traum, einmal auf der alten Betonpiste in Roubaix zu triumphieren. Im Vorjahr war er als Zweiter schon nah dran am ersten deutschen Sieg seit Josef Fischer, der die erste Auflage des Klassikers 1896 gewann. „Die Form stimmt und das Rennen liegt mir besser als die Flandern-Rundfahrt. Ich bin zuversichtlich“, sagt Degenkolb. Bei der Flandern-Rundfahrt war er auf einen guten siebten Platz gefahren und zuvor hatte er schon bei Mailand-Sanremo seinen ersten großen Klassiker-Sieg eingefahren. Nicht wenige Experten glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der 26-Jährige auch im nordfranzössichen Kohlerevier gewinnt.

DER SEITENWECHSLER: Sir Bradley Wiggins hat sich bewusst Paris-Roubaix für das Ende seiner Straßenradkarriere ausgesucht. „Das Rennen ist ein Kindheitstraum von mir“, sagt der Tour-de-France-Sieger von 2012 und ergänzt: „Sicher, die Tour war eine große Sache, aber hier ist nach sechs Stunden alles vorbei. Es ist der große Gegensatz. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das Rennen mal von einem Dopingskandal überschattet worden ist. Es geht um nichts anderes als um Radsport.“ Wiggins, 2014 Neunter, widmet sich nach dem Rennen wieder dem Bahnradsport und nimmt die Mission Olympia-Gold in Angriff nehmen. In Rio 2016 will der 34-Jährige weitere Medaillen zu seiner beachtlichen Sammlung (viermal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze) hinzufügen.

DER SERIENSIEGER:Alexander Kristoff ist der Mann der Stunde. Am Mittwoch gewann der Norweger auch den Scheldeprijs und machte den sechsten Sieg in neun Tagen perfekt. „Ich hoffe, ich kann meine Serie in Roubaix fortführen, aber das Rennen ist anders. Ich habe dort bislang nie gut abgeschnitten“, sagt Kristoff, der in der laufenden Saison schon auf elf Erfolge kommt. Als Gewinner der Flandern-Rundfahrt gehört der Katusha-Profi automatisch zu den Topfavoriten. In seiner Heimat gilt er bereits als legitimer Nachfolger des früheren Weltmeisters Thor Hushovd.

DER TITELVERTEIDIGER: Niki Terpstra nutze im vergangenen Jahr die Gunst der Stunde und fuhr bei Paris-Roubaix einen Solosieg ein. Der Niederländer profitierte davon, dass aus der Spitzengruppe keiner so recht hinterherfahren wollte. Dass der Gewinn kein One-Hit-Wonder war, bewies Terpstra am vergangenen Sonntag bei der Flandern-Rundfahrt, als er mit Kristoff weit vor dem Ziel davonfuhr und nur im Schlusssprint unterlegen war. Roubaix dürfte dem tempoharten Ex-Milram-Profi noch mehr liegen.

DER UNTER DRUCK GERATENE: Ein Jahresgehalt von rund vier Millionen Euro soll dem russischen Milliardär Oleg Tinkow die Verpflichtung von Peter Sagan wert gewesen sein. Doch der Slowake konnte an seine großen Erfolge bei Liquigas-Cannondale bislang noch nicht anknüpfen und holte erst einen Sieg, was auch ein Grund für das bislang so bescheidende Abschneiden des Saxo-Tinkoff-Rennstalls ist. Teamchef Bjarne Riis wurde vom ungeduldigen Teambesitzer bereits gefeuert. Tinkow fordert vehement Siege ein. Vierte Plätze wie von Sagan bei der „Ronde“ sind ihm nur lästig. Noch geht der Youngster mit dem Druck cool um. Vielleicht klappt es ja in Roubaix, wo er im Vorjahr Sechster wurde.