Degenkolb wohl mit Glück im Unglück
Valencia (dpa) - Die geliebten Frühjahrsklassiker droht er zu verpassen, und doch hat John Degenkolb bei seinem schweren Trainingsunfall in Spanien offensichtlich Glück im Unglück gehabt.
Ein Verlust seines linken Zeigefingers sei „aktuell kein Thema“, wie Teamchef Iwan Spekenbrink vom Radrennstall Giant-Alpecin der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Degenkolb und fünf weitere Fahrer waren am Samstag frontal von einem auf der falschen Seite fahrenden Auto erfasst worden. „Das war ein Riesenschock für uns alle. Es wird uns einige Monate zurückwerfen, aber wichtig ist jetzt nur, dass die Fahrer gut betreut werden“, betonte Spekenbrink.
Degenkolb hatte sich bei dem Unfall den Zeigefinger fast abgerissen, außerdem erlitt er einen Unterarmbruch und mehrere Schnittwunden. Nachdem er in Spanien operiert worden ist, wartet der 27-Jährige nun auf die Rückfluggenehmigung nach Deutschland. Dort soll er wahrscheinlich in einem Krankenhaus in Hamburg weiterbehandelt werden.
Ob Degenkolb am 19. März seinen Sieg beim Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo verteidigen kann, ist äußerst ungewiss. „Es ist zu früh, um zu spekulieren. Wir müssen aber auch mit dem Szenario rechnen, dass es nicht klappt“, sagte Spekenbrink. Im vergangenen Jahr hatte Degenkolb neben Mailand-Sanremo auch den in diesem Jahr am 10. April stattfindenden Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix gewonnen.
Neben Degenkolb befindet sich auch der Amerikaner Chad Haga in Spanien im Krankenhaus, wo er wegen einer Augenhöhlenfraktur noch operiert werden soll. Max Walscheid aus Neuwied (Schienbein- und Daumenbruch), der Franzose Warren Barguil (Kahnbeinbruch), der Schwede Fredrik Ludvigsson (Prellungen am ganzen Körper) und der Niederländer Ramon Sinkeldam (Schnitt- und Schürfwunden) haben bereits die Heimreise angetreten.
Leidensgenosse Haga hat indes seinen Humor wiedergefunden. „Technik zum Gewichtsverlust für die schlecht Beratenden: Schlage dein Gesicht auf ein Auto und du wirst tagelang nicht essen“, schrieb der Amerikaner auf Twitter. Neben der Augenhöhlenfraktur hatte Haga auch zahlreiche Prellungen und Schnittwunden erlitten. „Wer sagt 'Gehe mit dem Gesicht voran', ist ein Idiot“, twitterte Haga weiter und hatte auch eine Nachricht für die Dopingkontrolleure parat: „Ich sollte meine Whereabouts aktualisieren, aber ich bezweifele, dass der Raum mit den blauen Wänden ihnen weiterhilft. Ich kenne auch ihre Politik bei Kathetern nicht.“
Der Tour-Zweite Nairo Quintana rief die Autofahrer zu mehr Vorsicht gegenüber den Radfahrern auf. „Leider ist es so, dass immer wieder Autofahrer uns Radprofis beim Training nicht beachten. Umso mehr möchte ich auch der Polizei unseren Dank aussprechen, die uns zu Hause bei unserem Training begleitet und Unfälle solcher Art verhindert hat“, sagte der Kolumbianer.
Der Kletterspezialist vom spanischen Movistar-Team hatte auch in der eigenen Mannschaft mit Adrian Malori ein Sturzopfer zu beklagen. Die schlimmen Verletzungen des Italiener (Schädelfrakturen und einen Schlüsselbeinbruch) resultierten aber aus einem Rennunfall bei Tempo 65 bei der Tour de San Luis in Argentinien.
Inzwischen befindet sich Malori auf dem Weg der Besserung. „Ich bin sehr glücklich über die Entwicklung. Wir müssen immer vorsichtig sein, aber ich bin optimistisch“, sagte Teamarzt Jesus Hoyos von der spanischen Movistar-Mannschaft. Der Italiener Malori, der nach seinem schlimmen Sturz während der Tour de San Luis am Freitag ins künstliche Koma versetzt worden war, reagiere auf Reize und sei in der Lage zu kommunizieren. Möglicherweise kann der 28-Jährige Mitte der Woche in eine Spezialklinik nach Buenos Aires verlegt werden.