Radsport paradox Die deutschen Stars gehen, der Weltmeister kommt

Doha (dpa) - Länger als nötig hielten sich die deutschen Radstars nicht mehr in Doha auf. Noch am Sonntagabend herrschte Aufbruchstimmung.

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André Greipel und John Degenkolb jetteten weiter nach Abu Dhabi zum nächsten Renntermin, Tony Martin und Marcel Kittel traten die Heimreise an - allesamt unverrichteter Dinge. Zu feiern gab es eh nichts mehr, schließlich wurde der erhoffte erste deutsche WM-Titel im Straßenradrennen seit 1966 verpasst.

Nach dem Saisonabschluss-Höhepunkt waren längst die Augen auf die neue Saison gerichtet. Für Martin (zu Katusha) und Degenkolb (Trek-Segafredo) geht es in der neuen Saison in neuen Teams weiter. Greipel (Lotto-Soudal) und Kittel (Etixx) sprinten weiter für belgische Rennställe, so dass paradoxerweise nächstes Jahr keiner der deutschen Stars mehr für eine deutsche Mannschaft fährt, obwohl es erstmals seit 2008 wieder zwei deutsche WorldTour-Teams geben wird.

„Sicher war es auch mal das Ziel, eine richtig starke deutsche Mannschaft zu haben. Von dem Gedanken bin ich aber aktuell abgekommen. Ich fühle mich im internationalen Team so wohl“, sagt Martin, der keine Bedenken bei seinem Wechsel zum russischen Rennstall Katusha hat. Die in der Vergangenheit mehrmals auffällig gewordene Equipe wolle einen kompletten Neuanfang. „Es spricht auch dafür, dass das Team mich haben wollte. Ich bin ein Imageträger des sauberen Radsports. Wenn ich irgendwann feststellen sollte, dass es in die falsche Richtung geht, würde ich sofort Konsequenzen ziehen“, ergänzt der nunmehr viermalige Zeitfahr-Weltmeister.

Degenkolb zieht es indes zum amerikanischen Trek-Team, wo er Nachfolger von Olympiasieger Fabian Cancellara wird. Bisher war er noch für das deutsche Giant-Alpecin-Team gefahren. Es sei keine Flucht gewesen. „Ich sehe bei Trek eine bessere Perspektive, mich dort als Klassikerfahrer weiter zu entwickeln. Ich habe dort mehrere Möglichkeiten, um noch professioneller meinen Sport zu betreiben“, sagt Degenkolb. Vorher müssen nach Saisonende aber noch Platten und Schrauben aus seinem Finger entfernt werden. Degenkolb war im Januar in einen schlimmen Trainingsunfall mit einer britischen Autofahrerin in Spanien verwickelt gewesen, mehrere Monate war er danach außer Gefecht gesetzt.

Greipel hatte unterdessen seinen Vertrag bei Lotto verlängert. „Ich fühle mich bei Lotto so richtig wohl. Die haben mir viele Chancen gegeben“, begründet der Topsprinter. Kein Wunder, schließlich ist der gebürtige Rostocker seit seinem Wechsel 2011 zu einem Weltklassesprinter gereift. Inzwischen stehen schon 21 Etappensiege bei großen Rundfahrten in seiner Bilanz. Gespräche hatte Greipel - wie im Übrigen auch Martin - mit Bora-hansgrohe geführt. „Was Bora vorhat, finde ich fantastisch für den deutschen Radsport. Ich hätte mir auch vorstellen können, dort nächstes Jahr zu fahren“, sagt der 34-Jährige. Konkrete Verhandlungen habe es aber nicht gegeben.

Stattdessen wird der alte und neue Weltmeister Peter Sagan im nächsten Jahr das Trikot für das Team aus Raubling tragen. Bora darf sich schon jetzt freuen, denn der Slowake hat mit 14 Erfolgen die zweitmeisten Siege herausgefahren. In Doha bewies er, dass auch mit einem Drei-Mann-Team alles möglich ist. Cool wie auf dem Rad äußerte sich Sagan auch zu seiner Zukunft: „Ich muss weiter Fahrrad fahren. Ich bleibe im selben Sport.“ Nach der Gala in Abu Dhabi geht es für ihn zum ersten Treffen nach Deutschland.