Flandern-Rundfahrt: Degenkolb hofft auf den nächsten Coup

Mailand (dpa) - 264,2 harte Kilometer über 19 giftige Anstiege warten auf die Radprofis am Ostersonntag bei der 99. Flandern-Rundfahrt. Genau das richtige Terrain für John Degenkolb, der bereits in jungen Jahren zu den Klassikerspezialisten gehört.

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Nach dem Sieg bei Mailand-Sanremo ist sein Hunger jedenfalls noch nicht gestillt.

DIE DEUTSCHEN: Beim Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo ist John Degenkolb erstmals ein Sieg bei einem der fünf Radsport-Monumente gelungen. Damit zählt der Wahl-Frankfurter, dem die harten Eintagesrennen liegen, automatisch auch zum Favoritenkreis bei der Flandern-Rundfahrt. „Ich bin weiter hungrig auf Siege“, sagt Degenkolb, der bis Sonntag wieder in Topverfassung sein will. Beim E3-Preis Harelbeke war der 26-Jährige gestürzt und hatte Prellungen erlitten, was ihn am vergangenen Wochenende bei Gent-Wevelgem noch stark beeinträchtigt hatte. Neben Degenkolb darf auch der Pulheimer Gerald Ciolek auf eine vordere Platzierung hoffen. Der Mailand-Sanremo-Gewinner von 2013 hatte zuletzt wieder ansteigende Form gezeigt. Im vergangenen Jahr war Marcus Burghardt als Zwölfter bester Deutscher, im BMC-Team hat er aber eher die Helferrolle für den Belgier Greg van Avermaet.

DIE FAVORITEN: Mehrere Sieganwärter mussten im Vorfeld wegen Sturzverletzungen für die „Ronde“ passen. Vorjahressieger Fabian Cancellara fällt nach seinem Crash beim Harelbeke-Rennen mit zwei gebrochenen Lendenwirbeln aus. Auch Tom Boonen, der wie Cancellara dreimal in Flandern triumphierte, ist wegen einer Schultereckgelenksprengung sowie eines Bruchs des linken Ellbogens zum Zuschauen verurteilt. Gleiches gilt für Cioleks Teamkollegen Edvald Boasson Hagen (Schlüsselbeinbruch). Damit reduziert sich der Favoritenkreis auf die üblichen Verdächtigen, insbesondere Degenkolb und Peter Sagan (Slowakei), der 2013 Zweiter wurde. Traditionell spielen auch die Belgier bei ihrem Heimrennen stets eine gute Rolle. Van Avermaet, Sep Vanmarcke und Stijn Vandenbergh belegten 2014 die Plätze zwei bis vier und rechnen sich wieder etwas aus. In starker Form haben sich zuletzt außerdem der Norweger Alexander Kristoff und der Brite Geraint Thomas präsentiert.

DIE STRECKE: 264,2 Rennkilometer warten nach dem Startschuss auf dem Grote Markt in Brügge auf die Fahrer. Das Ziel liegt wieder in Oudenaarde auf der Minderbroedersstraat. Bis dahin sind 19 giftige Anstiege, die sogenannten „Hellinge“ zu überqueren. Eine Vorentscheidung könnte 16,7 Kilometer vor dem Ziel fallen, wenn der berüchtigte Oude Kwaremont mit bis zu 11,6 Prozent Steigung zum dritten und letzten Mal innerhalb des Rennens passiert wird. Kurz darauf geht es noch über den nur 360 Meter langen, aber bis zu 20,3 Prozent steilen Paterberg hinauf.

DIE TRADITION: Es ist die 99. Auflage der 1913 erstmals ausgetragenen Flandern-Rundfahrt. Die „Ronde“ gehört neben Mailand-Sanremo, Paris-Roubaix, Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Lombardei-Rundfahrt zu den fünf Radsport-Monumenten. An der Strecke herrscht regelmäßig Volksfest-Stimmung mit mehreren hunderttausend Zuschauern. 68-mal gewann ein Belgier im radsportverrückten Flandern, die Rekordsieger des Rennens sind der Italiener Fiorenzo Magni, der Schweizer Cancellara sowie die Belgier Achiel Buysse, Johan Museeuw, Eric Leman und Boonen mit jeweils drei Erfolgen. Zweimal konnten auch deutsche Fahrer triumphieren: 1964 Rudi Altig und 2004 Steffen Wesemann.

DAS WETTER: Die äußeren Bedingungen spielen häufig eine entscheidende Rolle. Wind, Regen und ein matschiger Parcour machen das Rennen oft unberechenbar. Derartige Bedingungen hatten die Fahrer bereits beim Harelbeke-Rennen und bei Gent-Wevelgem zu spüren bekommen. Die Aussichten für Sonntag sind aber deutlich besser.