Kittel gewinnt zweite Giro-Etappe
Nimwegen (dpa) - Schon kurz hinter der Ziellinie gab es für Marcel Kittel ein Küsschen von seiner niederländischen Freundin Tess. Die Belohnung hatte sich der deutsche Topsprinter auch wahrlich verdient.
Mit einem Sprint der Extraklasse setzte der 27-Jährige seine Siegesserie auch auf der zweiten Etappe des 99. Giro d'Italia fort und nahm das Rosa Trikot ins Visier.
„Ich bin super glücklich. Welch ein fantastischer Tag. Gestern habe ich schon im Zeitfahren gezeigt, dass ich in einer guten Form bin“, sagte Kittel und bedankte sich bei seinen Teamkollegen: „Sie haben mich in eine gute Position gebracht, den Rest habe ich gemacht.“
Schon weit vor dem Ziel breitete Kittel die Arme aus und klopfte sich auf die Brust. Der Kapitän des Etixx-Quickstep-Teams ließ den Sprintrivalen nicht den Hauch einer Chance und rückte durch die zehn Sekunden Zeitgutschrift als Gesamtdritter bis auf eine Sekunde an den führenden Niederländer Tom Dumoulin heran. Schon ein dritter Platz am Sonntag würde Kittel zum Sprung an die Spitze reichen.
Angesichts seiner Dominanz auf der zweiten Etappe ist das Unterfangen durchaus realistisch. Kittel siegte nach 190 Kilometern souverän mit mehreren Radlängen Vorsprung vor dem Franzosen Arnaud Demare und dem Italiener Sacha Modolo. Für den Erfurter war es bereits der neunte Saisonsieg, womit er der erfolgreichste Radsportler in 2016 ist.
Dabei hatte der Etixx-Sprintzug im Finish gar nicht richtig funktioniert. Trotzdem war Kittel nicht zu schlagen, vom Hinterrad des Franzosen Demare sprintete er ins Ziel. Für ihn war es der insgesamt dritte Giro-Etappensieg seiner Karriere. 2014 hatte er gleich zu Beginn zweimal triumphiert, bevor er krank aussteigen musste.
Greipel ist nach dem schwierigen Frühjahr mit Stürzen und Rippenbrüchen dagegen von seiner Topform aus dem vergangenen Jahr noch ein gutes Stück entfernt. Der gebürtige Rostocker landete nicht einmal unter den besten Zehn. Einen Tagessieg wie bei seinen bisherigen Giro-Starts hat er sich aber trotzdem fest vorgenommen. An Kittel vorbeizukommen, ist in diesen Tagen aber nicht einfach.
„Das Rosa Trikot wäre ein schöner Extra-Bonus. Oberste Priorität hat aber ein Etappensieg“, hatte Kittel vor der ersten Flachetappe angekündigt. Am Freitag hatte er sich durch einen starken fünften Platz im 9,8 Kilometer langen Einzelzeitfahren in eine hervorragende Position im Gesamtklassement gebracht.
Noch liegt aber sein früherer Teamkollege Dumoulin vorn. Auch am Samstag wurde der 25-Jährige wieder von mehreren hunderttausend Landsleuten begeistert am Straßenrand gefeiert. Bei strahlendem Sonnenschein hatten die Gastgeber ganze Straßenzüge in rosa geschmückt - für das dreitägige Gastspiel der Italien-Rundfahrt muss die Nationalfarbe Oranje mal weichen.
Ein weiterer Niederländer setzte sich auf dem Weg durch das Gelderland - zwischenzeitlich wurde für einige Kilometer auch die Grenze zu Deutschland bei Wyler überquert - gleich zu Beginn der Etappe in Szene. Maarten Tjallingii startete zusammen mit Omar Fraile (Spanien) und Giacomo Berlato (Italien) kurz nach dem Start einen Ausreißversuch. Das Trio fuhr zwischenzeitlich einen Vorsprung von zehn Minuten heraus.
Das von Giant-Alpecin und den Sprinterteams angeführte Feld überließ den Ausreißern auch die Zwischensprints, womit klar war, dass Dumoulin zumindest am Samstag sein Rosa Trikot noch erfolgreich verteidigen konnte. Für den Giant-Kapitän dürfte es aber schwer werden, das Trikot bis zur Rückkehr nach Italien am Montag zu behalten. Auch auf der dritten Etappe von Nimwegen zurück nach Arnheim über 190 Kilometer ist mit einem Massensprint zu rechnen. Und da würde Kittel schon ein dritter Platz reichen, um vier Sekunden Gutschrift einzufahren.