„Kein Kleinkrieg“ Kittel-Wechsel: Erste Feinabstimmung im Dezember
Hamburg (dpa) - Eigentlich hätte die Freude über den Abschluss des lukrativen neuen Vertrages mit Katusha-Alpecin noch ein bisschen nachwirken müssen. Aber beim deutschen Tour-Helden Marcel Kittel machte sich in Hamburg nach den verpatzten Cyclassics Katerstimmung breit.
Beim wichtigsten einheimischen Eintagesrennen war der fünfmalige Tour-Etappensieger chancenlos. Er wurde am letzten kleinen Anstieg am Waseberg gnadenlos abgehängt. Noch dazu triumphierte wenig später auf der Mönckebergstraße der Italiener Elia Viviani, der Kittel in der kommenden Saison im belgischen Quick-Step-Team ersetzen soll.
Der 29 Jahre alte Thüringer diagnostizierte totale Erschöpfung. „Ich leg mich erstmal zu Hause auf die Couch“, sagte der müde Kittel, nachdem er abgeschlagen - für ihn auf flachem Terrain ein ungewohntes Bild - über die Ziellinie gerollt war.
Wochen zuvor war der blonde Strahlemann aus Erfurt in Frankreich noch als „Le Kaiser“ gefeiert worden. „Das war heute nicht so geil für mich. Die Tour hat eben doch viele Körner gekostet, ich bin völlig im Arsch“, sprach er gar nicht fein hanseatisch in die ARD-Kamera.
Jetzt ist erst einmal Ruhe angesagt, denn der neue Star des von einem Bielefelder Hauptsponsor alimentierten Katusha-Alpecin-Rennstalls hat noch zwei wichtige Saisontermine: Die Titelverteidigung als Team-Weltmeister bei den Titelkämpfen in vier Wochen in Bergen/Norwegen und den Sprinter-Gipfel Paris-Tours am 8. Oktober.
Der Wechsel nach zwei Jahren bei Quick-Step war nicht nur für sein Konto - es ist die Rede von geschätzten rund zwei Millionen Euro Jahresgage - gewinnbringend. Die sportlichen Aspekte waren wohl ausschlaggebend. „Ich find es sehr schade, dass Marcel geht. Aber ich verstehe ihn. Er wollte einen Kleinkrieg mit Fernando Gaviria vermeiden. Der ist jung und hatte schon in diesem Jahr Ansprüche auf einen Tourstart angemeldet“, sagte der dänische Ex-Profi Brian Holm, Sportchef bei Quick-Step.
Im belgischen Team sollen Viviani und der 23 Jahre alte Kolumbianer Gaviria, bei seinem Giro-Debüt im Mai viermaliger Etappensieger und Gewinner der Punktewertung, eine Doppelspitze bilden. „Fernando ist ein Supersprinter, ein Typ wie Ex-Weltmeister Cavendish. Er ist nur noch zu ungestüm, zu risikobereit, wodurch es immer wieder Stürze gibt“, erklärte Holm.
Kittel macht sein neues, in der Schweiz lizenziertes Team, das sich nach Doping-Skandalen der Vergangenheit mit dem Einstieg des Shampoo-Herstellers Alpecin einem grundlegenden Imagewechsel unterzogen hat, fast zu einer kleinen deutschen Nationalmannschaft. Neben dem Sportdirektor Torsten Schmidt empfangen ihn Tony Martin, Rick Zabel und Nils Politt.
„Ich bin sehr motiviert und freue mich. Da wird es jetzt noch ein bisschen mehr deutsch. Im ersten Trainingslager im Dezember werden wir die ersten Details über Sprinterzüge etc. besprechen“, sagte Kittel der Deutschen Presse-Agentur. Die Experten machen sich um Kittels sportliche Zukunft keine Sorgen. „Marcel wird auch bei Katusha zurecht kommen. Da hat er auch gute Anfahrer und wird an seine Erfolge anknüpfen“, meinte Holm.