Tour d'Allemagne: Siege, Martin-Drama und Rauschebart

Paris (dpa) - Eine Triumphfahrt in Gelb mit tragischem Ende, Etappensiege am Fließband und der berühmteste Rauschebart des Pelotons: Die Tour d'Allemagne auf französischem Boden hat auch im dritten Jahr in Serie ihre Fortsetzung gefunden.

Tour d'Allemagne: Siege, Martin-Drama und Rauschebart
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Nicht nur wegen der vielen Etappensiege von Sprintkönig André Greipel und Co. - bis Paris waren es fünf Erfolge - hatte das Drehbuch der 102. Tour de France eine deutsche Note.

Tony Martins unermüdliche Jagd nach Gelb mit spätem Happy End bestimmte tagelang das Geschehen, ehe auf dem Asphalt von Le Havre das jähe Ende mit einem Schlüsselbeinbruch kam. Fast täglich sorgte die Zehn-Mann-Fraktion für Positiv-Schlagzeilen, so dass Tourchef Christian Prudhomme schon ernsthaft über einen „Grand Depart“ in Deutschland nachdenkt.

Entsprechend erfreut war auch Rudolf Scharping als Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer. „Zum dritten Mal in Folge feierten deutsche Radprofis die meisten Etappensiege in der Tour und trugen erneut das Gelbe Trikot“, formulierte der frühere Verteidigungsminister lobende Worte aus dem fernen China und sieht nach all den Erfolgen „einen klaren Beweis für die überaus gute Entwicklung des deutschen Radsports“.

Rund 30 Prozent der Etappensiege in den vergangenen drei Jahren ging an deutsche Fahrer, rechnete das Tour-Organ „L'Equipe“ vor und erinnerte mit einer Mischung aus Bewunderung und Frust an einen Spruch von Gary Lineker aus dem Fußball: „Und zum Schluss sind es wieder die Deutschen, die gewinnen.“

Den Startschuss hatte Greipel schon mit seinem Sieg in Zeeland am zweiten Tag gegeben, bei weiteren Erfolgen in Amiens und Valence avancierte er zum Nachfolger des daheimgebliebenen Supersprinters Marcel Kittel. Dessen Ausbootung hatte Giant-Alpecin mehr als zwei Wochen unangenehme Fragen beschert, ehe ausgerechnet Ersatzmann Simon Geschke dem deutschen Team mit den gelben Nummernschildern an den Begleitwagen den so herbeigesehnten Erfolg bescherte. Der Mann mit dem markanten Bart siegte gar auf einer Bergetappe (Pra Loup), was letztmals 2007 Linus Gerdemann gelang.

Dabei ist der Sohn des früheren Bahn-Weltmeisters Jürgen Geschke gar nicht für das Hochgebirge geschaffen. Dies könnte in Zukunft das Metier von Emanuel Buchmann sein. Der erst 22 Jahre alte Tour-Neuling ließ mit Platz drei auf der Pyrenäen-Etappe nach Cauterets erstmals aufhorchen. „Es wächst ein Fahrer heran, der in den nächsten Jahren im Gesamtklassement eine Rolle spielen könnte“, mutmaßt Scharping.

Eine gute Rolle spielte auch John Degenkolb, nur mit dem Etappensieg wollte es nicht klappen. Zweimal Zweiter, dreimal Vierter, sein erster Etappensieg lässt weiter auf sich warten. „Das macht meine Saison auch nicht schlechter“, sagt der Wahl-Frankfurter und erinnert an seine grandiosen Siege bei den Klassikern Mailand-San Remo und Paris-Roubaix im Frühjahr.

An den deutschen Fahrern hat es jedenfalls nicht gelegen, dass die ARD bei ihrem Tour-Comeback nicht die gewünschten Quoten erzielt hat. Rund eine Million Fans schalteten täglich ein. Vielleicht wächst der Zuspruch, wenn die Tour-Organisation tatsächlich das wichtigste Radrennen womöglich schon 2017 in Deutschland starten lässt. Düsseldorf, Münster, Mannheim und das Saarland gelten als Kandidaten.