Tour-Einrollen: Martin und Degenkolb in Frankfurt dabei
Frankfurt/Main (dpa) - Tony Martin schaut nach drei Jahren wieder in seiner alten Heimat vorbei, Lokalmatador John Degenkolb gibt nach drei Monaten sein Comeback im Rennsattel.
Mit einem gelungenen Auftritt beim Neustart des Klassikers „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ wollen die beiden deutschen Radstars am Tag der Arbeit Schwung für die Tour de France holen.
Die Ziele könnten jedoch kaum unterschiedlicher sein. Degenkolb möchte einfach nur das erste Rennen seit seinem schweren Trainingsunfall am 23. Januar beenden. Martin indes will bei der im Vorjahr wegen Terrorgefahr abgesagten Traditionsveranstaltung am Sonntag die Titelverteidigung von Norwegens Topsprinter Alexander Kristoff verhindern.
„Leider ist das Ziel relativ weit weg von den anspruchsvollen Stellen. Aber ich werde mir etwas einfallen lassen, um etwas zeigen zu können“, kündigte der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister an. Martin, der rund 20 Jahre lang in Eschborn lebte, hat dafür extra seine Klassikersaison verlängert und auf die ursprünglich geplante Pause verzichtet.
2012 war er schon einmal dicht vor dem Sieg, doch nach einem knapp 20 Kilometer langen Solo wurde er noch von einem Trio gestellt und am Ende nur Vierter. Dieses Mal dürfte Martin das Streckenprofil noch mehr liegen. Das Feld der 23 Profi-Teams muss gleich viermal den berüchtigten Mammolshainer Berg bezwingen. „Je schwerer, desto besser, weil es das Leben der Sprinter schwerer macht“, stellte Martin fest.
Im Vordergrund soll aber der Spaß stehen. „Meine Familie und viele Freunde stehen an der Strecke. Ich freue mich auf die spezielle Atmosphäre in Deutschland, die wir nur selten genießen dürfen“, sagte der 31-Jährige.
Die Aussicht auf einen stimmungsvollen Festtag vor der Haustür hat auch Degenkolb nach seinem Horrorunfall angetrieben. „Das Rennen ist mir sehr ans Herz gewachsen. Es würde mir wehtun, nicht fahren zu können“, sagte der 27-Jährige aus Oberursel unlängst im ZDF-„Sportstudio“.
Während des Wintertrainingslagers im spanischen Calpe hatte eine betagte Britin mit ihrem Van die Trainingsgruppe um Degenkolb regelrecht umgefahren, als sie auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs gewesen war. Sechs Fahrer wurden verletzt, einige von ihnen schwer. „Es war pures Glück, dass wir zu keiner Beerdigung mussten und keiner im Rollstuhl sitzt“, sagte Degenkolb in einem Interview der „Bild“-Zeitung.
Degenkolb, der 2011 für den bisher letzten von insgesamt zwölf deutschen Siegen gesorgt hatte, hatte dabei fast die Kuppe seines linken Zeigefingers verloren, sich den Unterarm gebrochen und mehrere Schnittwunden erlitten. Es folgten fünf Operationen in Valencia und Hamburg. Als Sieganwärter sieht sich der Klassiker-Spezialist daher nicht: „Ich muss erst einmal wieder ein Gefühl für Rennen bekommen.“