Rauhe beweist Stärke - Hoff übersteht erste Hürde

Duisburg (dpa) - Birgit Fischers Kanu-Comeback platzte schon vor dem ersten Auftritt auf dem Duisburger Paddelkanal - ansonsten zeigte sich bei der ersten nationalen Qualifikation für Olympia 2012 ein gewohntes Bild.

Die etablierten Athleten des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) dominierten am Freitag die Auftaktläufe, für die die 50 Jahre alte Ausnahmesportlerin Fischer wegen Herzrhythmusstörungen absagen musste. Vor allem der dreimalige Weltmeister Max Hoff: Als erster schaffte der 1000-Meter-Kajakspezialist die internationale Qualifikation und darf mit den restlichen besten Deutschen bei den Weltcups in Posen (18. bis 20. Mai) und Duisburg (25. bis 27. Mai) an den Start gehen, wo die London-Tickets endgültig vergeben werden.

Auch Athen-Olympiasieger Ronald Rauhe überzeugte, braucht aber noch weitere Topresultate. Der Potsdamer siegte bei der ersten von mehreren Ausscheidungen der Kajak-Sprinter über 200 Meter vor Tom Liebscher und Jonas Ems. „Er hat untermauert, dass er in London im Kajak-Einer starten will“, befand Bundestrainer Reiner Kießler. Die deutschen Männer messen sich im Kajak und Canadier wie die Kajak-Frauen bei den ersten Ausscheidungswettkämpfen am Freitag und Samstag jeweils dreimal über verschiedene Distanzen. Spätestens nach der zweiten nationalen Qualifikation vom 27. bis 29. April erneut in Duisburg fallen alle Nominierungs-Entscheidungen - nur die Leistungsstärken dürfen sich bei den Weltcups in Posen und Duisburg mit der internationalen Konkurrenz messen und auf London hoffen.

Bei den Kajak-Frauen hinterließ besonders die Leipzigerin Tina Dietze zum Auftakt über 200 Meter einen starken Eindruck. „Das kam für mich sehr überraschend“, urteilte Kießler. In ordentlicher Form präsentierte sich auch Rückkehrerin Katrin Wagner-Augustin nach ihrer Babypause. „Sie hat schon mehr gezeigt, als ich erwartet habe“, meinte Kießler über die viermalige Olympiasiegerin, die am Samstag erneut gegen ihre nationalen Konkurrentinnen fahren muss.

Bitter endete die Qualifikation dagegen für Vierer-Olympiasiegerin Nicole Reinhardt, die über 200 Meter nur Achte wurde und dann kränkelnd aufgab. Zuvor hatte schon die verletzungsbedingte Absage von Kajakpilot Paul Mittelstedt bei Kießler für Sorgenfalten gesorgt. Beide haben als WM-Teilnehmer 2011 aber einen Bonus - und können sich mit starken Auftritten Ende April die London-Chance noch erhalten.

Für Birgit Fischer ist Olympia dagegen wohl passé. „Wenn ich vor zehn Jahren irgendwas war, kann ich keinen Bonus mehr erwarten“, äußerte Kießler. Nach einer mehr als sechsjährigen Wettkampfpause und der nochmaligen Hoffnung auf die Sommerspiele „ist das kein gutes Ende für mich“, klagte die achtmalige Olympiasiegerin. Nur ein klitzekleines Hintertürchen bleibt noch: Sollte Fischer bei der zweiten nationalen Qualifikation doch wieder antreten können und überragend paddeln, hätte sie noch minimale Olympia-Chancen.

„Das könnte nur über eine Ausnahmeregelung gehen“, meinte der Bundestrainer. Ein Start sei wegen der Krankheit aber sowieso unwahrscheinlich, ließ Fischer erkennen. Es wäre der Schlussstrich unter einer einzigartigen Karriere.

Zu Wochenbeginn riss der Befund ihres Hausarztes die langjährige DKV-Ikone bei einem Routinecheck aus den großen London-Hoffnungen, am Donnerstag sagte die achtmalige Olympiasiegerin schließlich ab. „Bis zuletzt war die Hoffnung da, aber jetzt ist auch die Hoffnung gestorben. Da sind bei einem Routinecheck Dinge zutage getreten, von denen ich nichts geahnt habe“, äußerte Fischer enttäuscht.

Auch eine letzte Untersuchung beim DKV-Mannschaftsarzt Wolfgang Dillmann erbrachte denselben Befund. „Es gab Herzrhythmusstörungen, die einen Start nicht zulassen“, erklärte der Mediziner. In so einem Fall könne man einen Leistungssportler „nicht aufs Wasser lassen“.

Nach der langen Auszeit hatte die Brandenburgerin seit dem Herbst hart für eine Rückkehr auf die Paddelstrecke geschuftet, um ihren Traum vom neunten Olympia-Gold im August wahr machen zu können - dem fortgeschrittenen Alter und allen Unkenrufen im Umfeld zum Trotz. „Sie war wirklich super drauf, das hat man ihr angesehen“, beteuerte Verbandspräsident Thomas Konietzko und schob in Richtung Fischer nach: „Du bist die fitteste 50-Jährige, die ich je gesehen habe!“