Aachen ist der erste Härtetest des Totilas-Comebacks
Aachen (dpa) - Totilas ist wieder da. 2011 tanzte das berühmteste Dressurpferd zuletzt in Aachen, ehe eine lange Leidenszeit für den Reiter Matthias Rath begann. Jetzt erlebt das Paar bei seinem bemerkenswerten Comeback den ersten echten Härtetest auf der großen CHIO-Bühne.
Noch immer schweigt Totilas. Auf seiner eigenen Internetseite hat sich das einstige Wunderpferd seit knapp zwei Jahren nicht mehr gemeldet. Dabei gäbe es so viel zu erzählen. Etwa von dem wundersamen Comeback und den wundervollen Aussichten nach einer langen Leidenszeit. Oder von der Rückkehr nach Aachen, zum größten Reitturnier der Welt, wo Totilas zuletzt vor drei Jahren piaffierte und passagierte.
Die eigene Homepage, auf der eine PR-Agentur einst dem teuersten Dressurpferd der Welt Einträge in der „Ich“-Form ins Maul legte, und das ausdauernde Schweigen erklären das Phänomen Totilas ziemlich treffend. Die Zeit der großen Ankündigungen und der aufdringlichen Vermarktung scheint endgültig vorbei zu sein. Bescheidenheit ist eingekehrt. Äußerst zurückhaltend zeigt sich auch Matthias Rath vor dem ersten Härtetest des bisher so bemerkenswerten Totilas-Comebacks. „Ich bin froh, dass ich jetzt hier in Aachen reiten darf“, sagt der Reiter des berühmten Hengstes vor dem am Dienstag beginnenden CHIO.
Als Rath vor vier Jahren mit großem Brimborium als neuer Reiter von Totilas präsentiert wurde, war vom Olympiasieg die Rede. Zugleich lief eine beispiellose PR-Maschinerie an, die es im Pferdesport bis dahin noch nicht gegeben hatte. Totilas sollte der Popstar des Reitsports werden.
Alle Beteiligten scheinen gelernt zu haben. Totilas-Tassen gibt es nicht mehr, auch die T-Shirt-Kollektion mit der voreilig gedruckten Aufschrift „Champion“ ist eingestampft worden. Und auf der Totilas-Internetseite schweigt der Hengst seit dem 27. August 2012.
Rath sagt dafür: „Im letzten Jahr war das noch weit weg. Insofern bin ich froh, dass ich mit der deutschen Mannschaft in Aachen reiten darf und freue mich drauf.“ Seit dem ersten Start nach zweijähriger Pause bei einem kleinen Turnier in Belgien gelangen dem Paar sechs Siege bei sechs Starts. Damit sicherte sich das Paar einen Starplatz im deutschen CHIO-Quartett.
Kaum einer hatte damit gerechnet, dass ein derart beeindruckendes Comeback in den Wettkampfsport gelingen könnte. Eine Rückkehr von Totilas in die Weltspitze und ein Start bei der WM Ende August in der Normandie schienen bis vor kurzem so wahrscheinlich wie ein 7:1-Sieg der deutschen Fußballer gegen Brasilien - eigentlich unmöglich.
Nach den zwei Siegen bei der ersten WM-Qualifikation vor knapp drei Wochen in der saarländischen Provinz folgt nun in Aachen die Rückkehr auf die ganz große Bühne und die zweite Quali. „Gut, dass wir das Dressur-Stadion gerade ausgebaut haben“, ulkte Frank Kemperman, der Sportdirektor beim größten Reitturnier der Welt. 7000 Zuschauer werden nun zuschauen, wenn Rath und Totilas wieder auf die besten Paare der Welt treffen: Olympiasiegerin Charlotte Dujardin (Großbritannien) mit Valegro, Adelinde Cornelissen (Niederlande) mit Parzival oder Helen Langehanenberg (Billerbeck) mit Damon Hill.
„Die anderen Paare sind sehr erfolgreich unterwegs gewesen“, sagt Rath. Vorsichtig optimistisch schiebt er nach: „Mit den Ergebnissen der ersten drei Turnieren muss man nicht den Kopf in den Sand stecken. Wenn man nach so einer langen Pause zurückkommt, gibt einem das Sicherheit.“
Rath, ohnehin der Zurückhaltendste im Totilas-Umfeld, ist noch vorsichtiger geworden. Obwohl der 29-Jährige aus Kronberg Totilas nach der langen Pause besser und lockerer reitet als in der ersten Phase nach dem Kauf des Pferdes durch Paul Schockemöhle. Er scheint seine Lektionen gelernt zu haben. „Wir wissen gerade aus der Vergangenheit, dass es schnell hin und hergehen kann“, sagt der Totilas-Reiter. Da ist es im Zweifelsfall besser, auch mal zu schweigen.