Ausnahmereiter schockt Konkurrenz: Jung triumphiert
Malmö (dpa) - Feiern gehört nicht unbedingt zu den Stärken der deutschen Vielseitigkeitsreiter. Nach der nächsten Goldmedaille setzten sich die Seriensieger in ihre Pferdetransporter und verließen Malmö noch vor Einbruch der Dunkelheit.
Statt einer ausgiebigen Party in der schmucken Altstadt am Öresund standen stundenlange Autofahrten auf dem Programm. Den weitesten Weg hatte mit rund 15 Stunden Michael Jung, der alte und neue Doppel-Europameister aus dem schwäbischen Horb. Eine Feier „daheim im kleinen Kreis“ reiche, sagt Jung: „Und dann gibt es schon das nächste Turnier.“
Dieser Fleiß und diese Nüchternheit sind typisch für Jung, der mit 31 Jahren schon mehrere Rekordserien aufgestellt und der Konkurrenz das Fürchten gelehrt hat. Etwas verzweifelt klang es, als der Brite William Fox-Pitt nach dem erneuten Sieg am schwedischen Ostseestrand sagte: „Die Deutschen können nicht immer gewinnen.“
Jahrzehntelang stellten die Briten die dominierenden Vielseitigkeitsteams und ritten mit Fox-Pitt an der Spitze von einem EM-Gold zum nächsten, ehe sie von Jung & Co. abgelöst wurden. Insgesamt sieben Goldmedaillen innerhalb von vier Jahren stehen nun in Jungs Statistik - solch eine Serie gab es noch nie.
Kann Siegen langweilig werden? „Nein, niemals“, sagt Jung und ist nun in der komfortablen Situation, dass er seit Malmö weiß, dass auch der neunjährige Wallach Halunke ein Weltklasse-Pferd ist. Sam, das bisherige Pferd Nummer eins, hat einen Herausforderer im eigenen Stall. Und die Konkurrenz ist verzweifelt, weil Jung sogar mit dem Zweitpferd nicht zu schlagen ist.
„Das war ein wichtiger Erfolg für das nächste Jahr - dass ich zwei Pferde habe, mit denen ich planen kann“, sagte der 31-Jährige und lobte Halunke: „Er hat super bewiesen, was er für Qualitäten hat.“ Mit Blick auf die nächsten Titelkämpfe in einem Jahr in der Normandie sagte er: „Ich gehe nicht nur mit einem Pferd den Weg Richtung WM. Ich bin sehr glücklich, dass ich ein Pferd für die Zukunft habe.“
Das gilt auch für einige andere Reiter im deutschen EM-Aufgebot, allen voran für Silber-Gewinnerin Ingrid Klimke. Mit ihrer ebenfalls erst neunjährigen Stute könnte sie Jungs schärfste Konkurrentin bei den nächsten Championaten werden. „Ein Weltpferd“ nennt sie Escada. Im Gegensatz zu Abraxxas, mit dem sie unter anderem Team-Gold bei EM und Olympia gewann, hat die Stute keine Schwächen im abschließenden Springen. „Ich kann das Feld jetzt auch mal von hinten aufrollen“, sagte die 45-Jährige aus Münster, die in Malmö vom vierten auf den zweiten Rang sprang.
Auch langfristig sieht Klimke die Vielseitigkeit als Erfolgsgarant des deutschen Pferdesports, der in zwei Wochen bei drei Europameisterschaften dreimal Gold und viermal Silber gewann. „Nach uns kommt eine Generation, die sehr talentiert ist“, versicherte Klimke. Der Brite Fox-Pitt wird das nicht gerne hören.